Strenge Vorschriften bei Überstunden Strenge Vorschriften bei Überstunden: Wenn die Arbeit nicht zu schaffen ist

Berlin - Fast jeder Arbeitnehmer ist mit Überstunden konfrontiert und viele Chefs erwarten sie. Grundsätzlich gelten für die Zusatzstunden in Büro & Co. strenge Vorschriften.
Um vor Gericht die Vergütung von Überstunden einklagen zu können, brauchen Mitarbeiter Belege. Eine Möglichkeit ist, sich genau zu notieren, wann sie wie viele Überstunden auf Anweisung des Chefs geleistet haben. Das rät die Arbeitnehmerkammer Bremen. Noch besser sei es, sich die Überstunden zeitnah auf einem formlosen Schreiben quittieren zu lassen.
Arbeitgeber dürfen sie zum Beispiel dann verordnen, wenn in der Firma sprichwörtlich „die Hütte brennt“.
Was sind eigentlich Überstunden?
Wenn der Vorgesetzte etwas anordnet und der Arbeitnehmer dadurch die tägliche Arbeitszeit überschreitet, handelt es sich um Überstunden. Wer freiwillig länger arbeitet, macht hingegen keine Überstunden. Laut Arbeitszeitgesetz (ArbZG) darf die Arbeitszeit an Werktagen nicht über acht Stunden liegen. Zu den Werktagen zählt übrigens auch der Samstag. Allerdings kann sie bis auf zehn Stunden verlängert werden, wenn sie innerhalb von sechs Monaten im Durchschnitt acht Stunden am Tag nicht überschreitet.
Wie kann der Arbeitgeber Überstunden begründen?
Neben der kurzzeitigen Mehrarbeit von zwei Stunden pro Tag, können Überstunden dann anfallen, „wenn die Hütte brennt“, sagt Helga Nielebock, Leiterin der Rechtsabteilung beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Gemeint sind für den Arbeitgeber unvorhersehbare Situationen wie eine Krankheitswelle im Betrieb. Kein Grund für Überstunden sind dagegen ein neuer Großauftrag oder Personalprobleme durch Kündigungen, beides kann der Chef vorhersehen.
Muss ich Überstunden leisten?
Prinzipiell gelte, was vertraglich vereinbart ist, sagt Nielebock. Arbeitnehmer können dies ihrem Tarif- oder Arbeitsvertrag entnehmen. Gibt es einen Betriebsrat, kann dieser mit dem Arbeitgeber auch eine Betriebsvereinbarung zu Überstunden schließen. Ohne Zustimmung des Betriebsrats kann der Arbeitgeber dann keine Zusatzarbeit anordnen.
Für wen gelten Ausnahmen?
Das Arbeitszeitgesetz gilt unter anderem nicht für leitende Angestellte, von ihnen können Überstunden erwartet werden.
Strenge Schutzvorschriften gelten dagegen für Jugendliche sowie werdende und stillende Mütter. Sie dürfen nicht für Überstunden herangezogen werden. Schwerbehinderte Menschen haben das Recht, sich von Überstunden freistellen zu lassen.
Werden Überstunden bezahlt oder abgefeiert?
Entscheidend für die Überstunden-Abgeltung ist, was vertraglich vereinbart wurde. In Tarifverträgen beispielsweise gibt es dafür meist detaillierte Regelungen. Ist nichts festgelegt, gilt das branchen- oder betriebsübliche Vorgehen.
Sollte ich Überstunden aufschreiben?
Ja, das ist dringend empfehlenswert. Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2002 haben Arbeitnehmer nur dann Anspruch auf Ausgleichszahlungen, wenn sie ihre zusätzlich geleistete Arbeit dokumentieren können. Gibt es in Unternehmen keine Stechuhren oder eine andere Art der Zeiterfassung, sollten Arbeitnehmer sich ihre Überstunden vom Chef in kurzen Abständen abzeichnen lassen. (afp)
Bundesarbeitsgericht Aktenzeichen: 5 AZR 644/00