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Familie und Beruf in Sachsen-Anhalt Kinderkrankengeld: Warum vor allem Mütter zuhause bleiben – und was sich ändern könnte

Wenn das Kind krank ist, übernehmen meist die Mütter die Betreuung. Eine aktuelle Analyse einer Krankenkasse zeigt deutliche Unterschiede zwischen Frauen und Männern in Sachsen-Anhalt. Doch neue Regelungen könnten Bewegung in die Rollenverteilung bringen.

Von Jessica Quick Aktualisiert: 27.08.2025, 17:09
Braucht ein krankes Kind Betreuung, bekommen angestellte Eltern für die Zeit Kinderkrankengeld. 
Braucht ein krankes Kind Betreuung, bekommen angestellte Eltern für die Zeit Kinderkrankengeld.  (Foto: dpa)

Halle (Saale)/Magdeburg - In Sachsen-Anhalt bleiben beim kranken Kind vor allem die Mütter zuhause. Das zeigt eine aktuelle Analyse der Krankenkasse Barmer. Im Jahr 2024 stellten dort versicherte Frauen rund 17.100 Anträge auf Kinderkrankengeld, während Männer lediglich 7.000 Mal diese Leistung beantragten.

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„Dass Frauen das Kinderkrankengeld deutlich häufiger in Anspruch nehmen, kann verschiedene Gründe haben. Sie reichen von finanziellen Gegebenheiten über ein spezielles Rollenverständnis bis hin zu Arbeitsplatzbesonderheiten“, erklärt Axel Wiedemann, Landesgeschäftsführer der Barmer in Sachsen-Anhalt.

Zahltage im Vergleich: Frauen tragen die Hauptlast

Die Unterschiede zeigen sich nicht nur bei den Anträgen, sondern auch bei den bewilligten Zahltagen. Insgesamt zahlte die Barmer 2024 in Sachsen-Anhalt 59.400 Tage Kinderkrankengeld. Davon entfielen 43.000 Tage auf Frauen, während Männer lediglich 16.400 Tage nutzten.

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Rückgang bei Anträgen – trotz erweitertem Anspruch

Interessant ist: Die Zahl der Anträge ging im Vergleich zum Vorjahr leicht zurück – von rund 24.400 im Jahr 2023 auf 24.100 im Jahr 2024. Auch die Zahl der Zahltage sank minimal von 59.800 auf 59.400.

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Neue Regelung seit 2024: Wie viel Kinderkrankentage haben Eltern

Seit dem 1. Januar 2024 haben Eltern Anspruch auf mehr Tage Kinderkrankengeld. Statt wie bisher zehn Tage pro Kind und Jahr können nun bis zu 15 Tage beantragt werden. Für Alleinerziehende gilt ein Anspruch von 30 Tagen. Familien mit mehr als zwei Kindern profitieren besonders: Sie können bis zu 35 Tage nutzen, Alleinerziehende sogar 70 Tage.

Damit soll die Vereinbarkeit von Familie und Beruf besser unterstützt werden. In den Jahren 2021 bis 2023 war pandemiebedingt bereits eine Sonderregelung in Kraft, die jedoch Ende 2023 auslief.

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Warum Männer seltener Kinderkrankengeld nutzen

Dass vor allem Frauen Kinderkrankengeld beantragen, hat nach Einschätzung der Barmer verschiedene Ursachen. Neben finanziellen Faktoren spielt auch das traditionelle Rollenverständnis in vielen Familien eine Rolle. Hinzu kommen Unterschiede in der beruflichen Situation von Müttern und Vätern.

Was sich ändern könnte

Mehr Tage = mehr Flexibilität: Durch den erweiterten Anspruch seit 2024 haben Eltern mehr Spielraum, wer zuhause bleibt. Das könnte Väter stärker motivieren, häufiger Kinderkrankengeld zu beantragen.

Gesellschaftlicher Wandel: Rollenbilder wandeln sich: Immer mehr Familien wünschen sich eine gleichberechtigte Aufteilung von Care-Arbeit. Das Thema „aktive Vaterschaft“ gewinnt auch in Sachsen-Anhalt an Bedeutung.

Druck von Arbeitgebern sinkt: Wenn die Zahl der Kinderkrankentage steigt, werden Unternehmen langfristig stärker darauf eingestellt sein, dass auch Väter ausfallen können. Das kann dazu beitragen, dass Männer selbstverständlicher Kinderkrankengeld nutzen.

Finanzielle Rahmenbedingungen: Manche Familien entscheiden bisher rein nach Gehalt – oft verdient der Vater mehr, weshalb die Mutter zuhause bleibt. Wenn sich Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen verringern, könnte sich das auch bei der Verteilung der Kinderkrankentage auswirken.

Politische Diskussion: Sollte das Thema Kinderkrankengeld politisch weiterentwickelt werden (z. B. mit noch längeren Ansprüchen oder einer Art „Väter-Quote“ wie in der Elternzeit), könnte die Nutzung ausgewogener werden.

Die Zahlen zeigen, dass Mütter in Sachsen-Anhalt weiterhin den Großteil der Betreuung kranker Kinder übernehmen. Mit dem erweiterten Anspruch auf Kinderkrankengeld gibt es zwar mehr Spielraum – doch ob das die Rollenverteilung zwischen Müttern und Vätern wirklich verändert, bleibt abzuwarten.

Möglich ist eine Verschiebung, wenn finanzielle Unterschiede zwischen den Eltern kleiner werden, Arbeitgeber Väter stärker in ihrer Rolle unterstützen und sich das gesellschaftliche Verständnis von Familienarbeit weiter wandelt. Dann könnte Kinderkrankengeld künftig häufiger auch von Vätern genutzt werden.