Europäische Spezialitäten Europäische Spezialitäten: Vielfalt im Teigmantel
Halle/MZ. - "Wir haben lange immer wieder neue Rezepturen ausprobiert, doch nun scheinen uns die Mischungen optimal", erzählt der 44-jährige Levitin. In seinem "ersten Leben" war der füllige, stets gut gelaunte Ukrainer Maschinenbauingenieur und baute "Saporoshez". Er selbst esse gern, auch die Deutschen seien keine Kostverächter. "Sie mögen besonders Fleisch, ob sie nun reich oder arm sind." Die russische Küche sei sehr ökonomisch, Pelmeni mit Hackfleisch seien preiswert und schmackhaft.
Und als tiefgekühltes Fertigprodukt könnten sie ganz fix zubereitet werden. Das komme an bei Deutschen wie bei Russen, so weiß Levitin. Dennoch, ein bisschen Ess-Kultur gehöre dazu: Zumindest brauche man Topf und Teller zum Pelmeni-Essen, dazu noch Schmand oder in Butter gebratene Zwiebeln.
Auch deshalb dürften die russischen Teigtäschchen wohl niemals dem türkischen Dönerkebab den Rang ablaufen, denn den esse man gleich auf der Straße aus der Hand. "Das geht noch schneller als Pelmeni-Kochen", schmunzelt Levitin. Mehr Zeit am Herd nimmt sich auch Boris Flax, der die altrussische Küche mindestens ebenso mag wie klassische Musik. Das Kochbuch sei seine "Bibel", sagt der 55-Jährige. "Vielleicht bin ich ja deshalb in der Lebensmittelbranche gelandet."
Fleischermeister Sven Schütt ist im Betrieb für die Füllungen zuständig: Durchgedrehtes Fleisch, Schwein oder Pute, frisch gehackte Zwiebeln, Salz und Pfeffer werden vermengt und abgeschmeckt. Nach jüdischem Glauben gelten Pelmeni als nicht koscher, doch Flax und Levitin bezeichnen sich selbst als "nicht so streng religiös". Viel Handarbeit ist nötig für die Produktion. Die kleine Manufaktur beschäftigt acht Mitarbeiter und setzt im Jahr gut eine Million Euro um. Monatlich 40 Tonnen "Maultaschen" laufen vom Band, auch vegetarische mit Kartoffel-Pilz-Füllung oder italienisch angehauchte mit Spinat-Parmesan-Inhalt sowie süße mit Quark und Rosinen. Da die gefüllten Nudeln eingefroren werden, müssen die Rohstoffe laut Gesetz ganz frisch sein und sofort verarbeitet werden.
"So kompliziert hatten wir uns das erst nicht vorgestellt, doch die Verordnungen sind sehr streng, und dauernd haben wir Prüfer im Haus", erzählt Flax. Dennoch schafften es die Rostocker bis zur EU-Zulassung, ein Novum unter den vier, fünf Pelmeni-Herstellern in der Bundesrepublik.
Sorgen machen sich Flax und Levitin um die wachsende Konkurrenz. "Doch essen müssen die Leute immer."
Bislang haben die beiden damit Erfolg und sind inzwischen nach jahrelangem Klinkenputzen bei großen deutschen Lebensmittelketten als Lieferanten gelistet. Außerdem versorgen sie bundesweit russische Großhändler und Spezialitätengeschäfte. Kunden in Großbritannien, Schweden, Österreich, der Schweiz und Portugal lassen sich mit ihren Spezialitäten beliefern.