Ernährung Ernährung: Zwiebeln und Knoblauch

Mainz/dpa. - Die eine Knolle treibt Tränen in die Augen, die andere mitunter Menschen in die Flucht, die nicht mitgegessen haben. Dennoch sind Zwiebeln und Knoblauch aus keiner Küche der Welt wegzudenken - und das seit jeher. Als Würze geben sie einfachen wie raffinierten Gerichten den nötigen Pfiff, von Suppen über Gemüse bis hin zu Konfitüre. Darüber hinaus ist das scharfe Duo Schale für Schale und Zehe für Zehe gesund.
Zwiebel und Knoblauch sind zwar miteinander verwandt. Aber Allium ceba, so der botanische Name der Küchenzwiebel, hat hier zu Lande dem «Knofel» - Allium sativum - entschieden den Rang abgelaufen. Laut Statistik liegt der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch bei 6,5 Kilo frischen oder in Fertiggerichten, Gewürzmischungen, Back- sowie Wurstwaren verarbeiteten Zwiebeln. Auch wenn der multikulturelle Mix in der Küche die Knoblauchfahne inzwischen salonfähig gemacht hat, wird die weiße Knolle noch sparsam verwendet.
Knoblauchfreunde werden vergebens nach Exemplaren aus Deutschland suchen. Virenbelastetes Pflanzgut sei der Grund für den fehlenden Ertragsanbau, sagt Ernst Strohm vom Fachverband Deutsche Speisezwiebeln in Mainz. «In Südeuropa wächst die Pflanze dem Virus davon.» Jährlich werden etwa 13 000 Tonnen Knoblauch überwiegend aus Spanien, Italien und Frankreich importiert, sagt Hans-Christoph Behr von der Zentralen Markt- und Preisberichtstelle (ZMP) in Bonn.
Ganz anders sieht es bei der Zwiebel aus. «Der deutsche Zwiebelanbau ist mit rund 300 000 Tonnen schon ziemlich erheblich», so Behr. «Zwiebelfrei» seien nur Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Schleswig-Holstein. Ungefähr die gleiche Menge wird importiert. Unter der EU-Ware liegt Spanien an der Spitze.
Vom winzigen Perlzwiebelchen über Schalotten bis zur 15 Zentimeter dicken Metzgerzwiebel - das Gemüse zeigt sich in vielen Größen und Farbschattierungen. Auf deutschen Feldern machen die braun bis gelbschaligen Vertreterinnen das Rennen. Im Juni kommt mit der Winterzwiebel aus dem nördlichen Oberrheingraben die erste frische heimische Ernte des Jahres auf den Markt. Umsatzstärkstes Produkt sind laut Strohm jedoch die braun und gelbschaligen Sommerzwiebeln, die im März gesät und von August bis September geerntet werden.
Weiße, milde Zwiebeln haben ihre Heimat ebenso in Südfrankreich oder Italien wie rotschalige bis violette. Letztere schmücken als Zwiebelringe viele Salate. Rosafarbene Roscoff-Zwiebeln gedeihen dagegen in der Bretagne. Schon 1930 wurden in England 1500 «Johnnies» gezählt, bretonische Zwiebelverkäufer mit dem häufigen Vornamen Jean. Sie setzten jedes Jahr mit dem Schiff über, um ihr zum Zopf geflochtenes Gemüse bei Fahrradfahrten von Tür zu Tür zu verkaufen.
Auch kupferrote Echalotten aus Frankreich, meist aus der Bretagne, oder die gräuliche Griselle aus Südfrankreich sind Verwandte der Speisezwiebel. Sie sind ein unentbehrlicher Begleiter der feinen Küche, etwa zu Pilzgerichten oder Bohnen. «Ihr Geschmack ist nicht so dominant, und sie sind weicher», sagt Sterne-Koch Otto Fehrenbacher vom «Hotel-Restaurant Adler» in Lahr-Reichenbach (Baden-Württemberg).
Ebenso zählen Lauch- oder Frühlingszwiebeln zur Familie der Alliumgewächse. In mühevoller Arbeit füllt Fehrenbacher die kleinen Zwiebeln, nachdem sie blanchiert und karamellisiert wurden, mit einer Farce aus klein gehackten Oliven, Sardellen, Speck, Zwiebeln und Olivenöl. Mit dem grünen Ansatz als Deckel ist das Gemüse eine dekorative Beilage zu Fisch.
Metzgerzwiebeln nimmt der Meisterkoch dagegen für Zwiebelsuppen. Als Röstgemüse geben sie seinen Soßen Farbe und Glanz. Zudem kocht er sie für Pissaladiere weich, ein provenzalisches Zwiebelragout mit Sardellen, Oliven und Kräutern. Ob gefüllt, als Mus, Braten oder Kuchen: Regionale Küchen kennen etliche Zwiebelrezepte, denn das Gemüse ist günstig und das ganze Jahr über zu haben. Nicht nur als Brotaufstrich, auch als Soße zu Geflügel oder Kalbfleisch wurde sogar eine Zwiebelkonfitüre mit Ahornsirup, Trauben und Ingwer kreiert.
Den jungen Knoblauch, der im Frühjahr auf dem Markt ist, brät Otto Fehrenbacher dagegen als ganze Knolle nur in Olivenöl an. Das Knoblauchmus kann dann zu kurz gebratenem Lamm einfach aus der Schale gelöffelt werden. Selbstgemachte Aioli - eine Knoblauchmayonnaise - wird zu Fischsuppe serviert. Wer nur einen Hauch von Geschmack im Salat haben möchte, reibt die Schüssel leicht mit einer Knoblauchzehe aus.
Die Substanz, die den Koch beim Zwiebelschneiden zum Weinen bringt und Knoblauch in den Ruf gebracht hat, unfein zu sein, ist die hochwirksame Schwefelverbindung Allicin. Sie wirkt antibakteriell, hemmt also schädliche Bakterien in Magen und Darm des Essers. Zugleich regt sie die Verdauung und den Stoffwechsel an. Vitamine und Mineralstoffe in den Allium-Gewächsen stärken das Immunsystem. Bereits im Mittelalter wurden Zwiebeln und Knoblauch von den Heilkundigen gegen allerlei Gebrechen und Krankheiten empfohlen.
Gegen die unangenehmen Nebenwirkungen gibt es zwar viele Rezepte, aber die meisten helfen nicht wirklich. Die Tränen lassen sich mit der richtigen Schneidtechnik eindämmen, meint allerdings Otto Fehrenbacher. Er empfiehlt, die Zwiebeln nach dem Schälen anzufeuchten und mit einem schmalen, scharfen Messer zügig zu schneiden - am besten bei geöffnetem Küchenfenster, damit sich die ätherischen Öle schnell verflüchtigen. Der Zwiebelvorrat wird dagegen am besten trocken und dunkel in einem Korb gelagert.