Chicorée: Wintergemüse mit edler Blässe
Oberursel/Nürnberg/dpa. - Wenn im Winter die Auswahl an Vitaminbringern immer geringer und gleichzeitig teurer wird, schlägt die große Stunde von Chicorée: Als knackige Zutat im Salat und als frische Vorspeise mit Dip ist das Sprossengemüse bekannt.
Doch auch gekocht, gedünstet, geschmort oder im Auflauf machen die blassen Blätter eine prima Figur. Als Rohkost harmoniert Chicorée dank seines leicht bitteren Geschmacks hervorragend mit süßlich-fruchtigen Zutaten. «Sehr gute Begleiter im Salat sind saftige Mandarinenscheiben, Orangenfilets, Ananasstückchen oder auch Apfelscheibchen», sagt Martin Rutkowsky, Seminarleiter an der Akademie Gesundes Leben in Oberursel. Das Salatdressing darf ruhig kräftig sein - zum Beispiel mit Essig, Öl und Senf oder mit Balsamico und Honig.
Die festen, leicht schaufelförmigen Blätter eignen sich auch hervorragend zum Dippen, etwa in grüne Mayonnaise, Cocktail- oder Currysoße. «Besonders gut macht sich die Kombination mit Milchprodukten wie saurer Sahne oder Frischkäse», sagt Rutkowsky.
Auch in warmen Chicorée-Gerichten übernehmen Milchprodukte eine wichtige Rolle. «In Frankreich und Belgien werden Chicorée-Sprossen klassisch mit Kochschinken umwickelt und dann in einer Sahne- oder Béchamelsoße im Ofen gegart», sagt Andrea Boss, Chicorée-Produzentin aus Nürnberg. Etwas leichter wird die Soße mit Vollmilch und Crème fraîche.
Zusammen mit gegarten Kartoffeln oder Toastscheiben, Milch und Ei landen die Blätter im Auflauf, gemeinsam mit Schinken, Tomaten und Schmand auf der Quiche oder mit Kaninchenfilets in Blätterteigpasteten. Überbacken mit Greyerzer schmeckt Chicorée ebenfalls. Aber es geht noch ausgefallener: Mit Champignons, Rahm und Portwein wird aus dem Gemüse ein köstliches Gratin.
«Bei uns ist gebratener Chicorée besonders beliebt», sagt Boss. Dazu wird eine klein geschnittene Zwiebel angedünstet, dann kommen Chicorée-Schnitze und zur Abrundung etwas Sahne hinzu. Gewürzt wird mit Salz und Pfeffer. Etwas mehr Pep bekommt das Gemüse, wenn es zunächst kurz blanchiert, dann mit Pfeffer und Salz unter einer Alu-Haube im Ofen geschmort und schließlich mit einer Garnitur aus feurig-roten Peperoni serviert wird.
Egal, wie das Gemüse letztlich auf den Tisch kommt: Die Zubereitung dauert nur wenige Minuten und erfordert kaum Aufwand. «Weil der Kopf nicht mit Erde in Berührung kommt, reicht es sogar, ihn als ganzes kurz unter Wasser zu halten», erläutert Iris Brenner, Ernährungsberaterin bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz in Koblenz.
Bräunliche oder rötliche Blattstellen sollten entfernt werden. Der harte Strunk wird mit einem scharfen Messer möglichst vollständig herausgeschnitten: Er enthält die meisten der markanten Bitterstoffe. Und die sind nicht jedermanns Sache. Wenn der Kopf nicht als ganzes zubereitet wird, wird er entweder in feine Streifen geschnitten oder die Blätter werden einzeln abgelöst. «Beim Garen muss man nur aufpassen, dass das Gemüse nicht zu weich wird», sagt Brenner.
Nach 15 bis 20 Minuten ist ein ganzer Spross durch. Blattstreifen brauchen nur wenige Minuten. Haben andere Zutaten in einem Auflauf oder einer Gemüsepfanne eine deutlich längere Garzeit, so sollten diese vorgegart werden.
Jahrhundertelang wurde die Zichorienwurzel als Viehfutter und als Rohstoff für die Kaffeeersatzproduktion genutzt. 1845 entdeckte der Obergärtner des Botanischen Gartens in Brüssel durch Zufall das zarte Gemüse: Er hatte Zichorienwurzeln in einem dunklen Keller vergessen, wo sie zu treiben begannen. Der Gärtner kostete die Triebe und fand sie durchaus schmackhaft. Durch viele Jahrzehnte Züchtung entstanden die heute bekannten Chicorée