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Berufstätig und schwanger: In Ruhe mit Chef reden

Von Vivien Leue 30.06.2008, 07:22

Hamburg/Berlin/dpa. - Der Teststreifen ist blau, die Gewissheit da: «Ich bin schwanger.» Viele berufstätige Frauen sind dann unsicher, wie und wann sie ihren Chef darüber informieren sollen.

«Bei der Mitteilungspflicht der Schwangerschaft an den Arbeitgeber handelt es sich um eine Soll-Vorschrift», erklärt der Arbeitsrechtler Martin Hensche aus Berlin. Das heißt: Die Frau muss ihren Arbeitgeber nicht unterrichten. «Die Schwangere ist de facto frei in der Wahl des Zeitpunkts.»

Diese Freiheit sollten sich Frauen auch nehmen, rät Arbeitswissenschaftlerin Frauke Greven aus Köln. Mit ihrer Agentur «spielraum» berät sie Frauen in Fragen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. «Die Schwangere sollte das Selbstbewusstsein haben, ihren Chef erst zu informieren, wenn sie sich selbst ganz sicher ist.» Immerhin besteht in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft ein erhöhtes Risiko für Fehlgeburten.

«Spätestens wenn die Kollegen etwas merken oder es gar wissen, ist es besser, mit dem Arbeitgeber zu reden», sagt Greven. «Denn der Flurfunk ist sehr schnell.» Damit das Gespräch in einer stressfreien Atmosphäre abläuft, rät sie, das Thema nicht zwischen Tür und Angel anzusprechen.

Vor dem Gespräch sind viele Frauen nervös. Manchmal zurecht: «Es gibt auch Arbeitgeber, die die Frauen spüren lassen, dass sie Schwangere und junge Mütter in ihrem Betrieb nicht schätzen», sagt Annette Rethemeier, Beraterin bei pro familia in Hamburg. Wer sich im Voraus auf eine kühle Reaktion des Chefs einstellt, ist während des Gesprächs weniger enttäuscht.

Insbesondere Frauen in leitenden Positionen stoßen nach Erfahrung von Pro-familia-Beraterin Rethemeier nicht immer auf das Wohlwollen des Arbeitgebers. «Sie haben daher oft Angst, ihre leitende Position zu verlieren.» Aus diesem Grund verschweigen einige Frauen monatelang, dass sie schwanger sind - und verzichten damit auf wichtige Mutterschutzregeln. Denn erst wenn der Arbeitgeber von der Schwangerschaft weiß, kann er diese Regeln berücksichtigen. Unter anderem dürfen Schwangere nicht mit schweren körperlichen Arbeiten beschäftigt oder gesundheitsgefährdenden Stoffen ausgesetzt werden.

Auch dürfen werdende Mütter nicht mehr als 8,5 Stunden täglich oder 90 Stunden in der Doppelwoche beschäftigt werden. Für alle schwangeren Angestellten gilt laut Mutterschutz ein besonderer Kündigungsschutz - nicht nur während der Schwangerschaft, sondern auch vier Monate nach der Entbindung noch, sagt Hensche.

Probleme zwischen Arbeitgeber und Angestellter kommen nach Erfahrung von Rechtsanwalt Hensche oft erst dann auf, wenn die Frau wieder in den Job einsteigen will. «Manchmal haben sich in der Zwischenzeit die Strukturen im Betrieb geändert, und der Arbeitgeber hat keine passende Stelle mehr für die Frau», sagt Hensche. Einige Mütter wünschen sich auch eine Teilzeitstelle, die der Arbeitgeber nicht bieten kann oder will. Damit es dann nicht zu rechtlichen Auseinandersetzungen kommt, rät Familienberaterin Greven, das Thema Wiedereinstieg frühzeitig anzusprechen.

Informationen zu Sexualität und Familienplanung: www.profamilia.de

Informationen zum Schutz von Schwangeren im Betrieb: www.komnet-moderne-arbeit.de