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Berufsleben Berufsleben: Zähne zeigen statt Lächeln

Von Andreas Heimann 02.11.2009, 09:49
Ein Lächeln wirkt auf den ersten Blick oft zwar positiv - es darf aber nicht angestrengt oder übertrieben sein. (FOTO: DPA)
Ein Lächeln wirkt auf den ersten Blick oft zwar positiv - es darf aber nicht angestrengt oder übertrieben sein. (FOTO: DPA) Diagentur

München/dpa. - Aber nicht immer ist freundlich sein die beste Methode. Manchmalhilft eher Zähnezeigen oder auch nur sauer sein. Experten raten zumdosierten Einsatz von Lächeln und netten Gesten. Dabei geht es nichtdarum, sich berechnend zu verhalten, sondern intelligent.

Prinzipiell ist Freundlichkeit natürlich etwas Angenehmes: «Ichwerde auch lieber freundlich behandelt als zur Schnecke gemacht»,sagt Christine Öttl, die als Coach in München arbeitet. «Aber siemuss der Situation angemessen sein. Freundlichkeit um jeden Preis istverkehrt.» Und der Versuch, freundlich rüberzukommen, kann sogar nachhinten losgehen: «Es darf keine Masche sein. Wenn Freundlichkeitaufgesetzt wirkt, funktioniert das nicht.» Sie kann andere sogarnerven, wenn sie merken, dass sie nicht ehrlich ist.

In Bewerbungssituationen beispielsweise sollte Freundlichkeitnicht überdosiert werden. «Das wirkt sonst leicht unterwürfig», warntÖttl. Und das erscheine wiederum unehrlich. «Dauergrinsen kommt nichtan.» Höflich zu sein, ist zwar Pflicht, aber sie darf eben nichtübertrieben daherkommen. «Dann erreicht man damit auch nicht, was manerreichen möchte», erklärt Öttl. «Wenn Freundlichkeit nur austaktischen Gründen eingesetzt wird und nicht zu meiner Stimmungpasst, ist sie nicht wirkungsvoll.»

Das sieht Meike Müller genauso: «Wir haben feine Antennen dafür,dass wir widersprüchliche Signale empfangen.» Dem anderen etwasvorspielen zu wollen, funktioniere deshalb häufig nicht. «Wenn ichmeinen Ärger unterdrücke, gerät mein Lächeln leicht schief», warntMüller, die in Berlin als Coach und Kommunikationstrainerin arbeitet.Außerdem passe Freundlichkeit auch nicht immer zum Thema. «Manchmalist man schließlich zurecht sauer», betont Christine Öttl. Und dannsollte niemand seine schauspielerischen Fähigkeiten überstrapazierenund auf gute Laune machen.

Trotzdem sei es grundsätzlich vernünftig, freundlich sein zuwollen. Unfreundlichkeit sei häufig ein Zeichen fehlenderSouveränität - und komme auch so an, gibt Meike Müller zu bedenken:«Laut werden ist ein Zeichen für schwaches Selbstbewusstsein.» Geradewer in der Lage ist, Provokationen zu überhören, zeige damit Stärke.Bei konfliktträchtigen Gesprächen sei es gut, die Diskussion wiederauf die sachliche Ebene zu bringen - wenn andere durchUnfreundlichkeit unsachlich geworden sind.

Das Ziel lautet deshalb, nicht einfach freundlich, sondernglaubhaft freundlich zu wirken: «Das ist oft auch eine Frage derStimme und der Körpersprache», erläutert Müller. «Die nonverbaleEbene entscheidet mehr über gelungene Kommunikation als das, was wirsagen.» Das sieht auch Caroline Krüll so: Ob jemand freundlich wirktoder abweisend, hänge nicht unwesentlich von den Signalen ab, die erzum Beispiel durch seine Körperhaltung aussendet: «Wenn man das Kinnnach oben zieht, signalisiert das Kampfbereitschaft. Wenn man dasnicht tut, wirkt das weniger aggressiv.»

Ähnliches gilt, wenn der Kopf leicht geneigt wird: «Man wirkt dannfreundlicher», erklärt Krüll, Selbstmarketing-Expertin und Trainerinaus Berlin. In Konfliktsituationen, die noch nicht eskaliert sind,könnten solche Gesten entschärfend wirken. Ist das Gegenüber schon inRage und schüttet kräftig Adrenalin aus, hilft das vermutlich nichtviel. Dann müsse man sich mit Worten wehren: «Man kann zum Beispielsagen: 'Ich bedaure sehr, wie wir hier reden!'» Wichtig sei dabei das«wir» - dem anderen Vorwürfe zu machen, sei wie Öl ins Feuer gießen.

Zu versuchen, den Angriffen des anderen lächelnd zu begegnen, hältCaroline Krüll für naiv: «Lächeln reicht nicht. Es kann den anderensogar provozieren, total auszurasten. Ich würde das nichtausprobieren.» Und es ist in manchen Situationen auch zum Scheiternverurteilt: «Ich kann mich nicht zum Freundlichsein zwingen», sagtChristine Öttl. «Es ist ja auch eine Frage der individuellen Stimmung- nicht immer bin ich gleich gut drauf und freundlich gestimmt.»