Verkehrssünder Verkehrssünder: Wann die Punkte aus der Flensburger Datei gelöscht werden

Berlin - Seit dem Frühjahr gelten neue Regeln für die Flensburger Verkehrssünderdatei. Das Punktesystem wurde gründlich überarbeitet – mit einem angenehmen Effekt für viele Autofahrer: Fast 150.000 Verkehrssünder sind seit Inkrafttreten der Reform aus dem elektronischen Register gelöscht worden. Ein Blick auf die Hintergründe.
Wie kommt es, dass viele Autofahrer jetzt gar keine Punkte mehr in Flensburg haben?
Zum 1. Mai dieses Jahres trat die große Reform des Punktesystems in Kraft. In der Vergangenheit gab es für Vergehen im Straßenverkehr je nach Schwere 1 bis 7 Punkte. Jetzt gibt es 1 bis 3 Punkte. Früher war der Führerschein bei 18 Punkten auf jeden Fall weg, nun ist er es bei 8 Punkten. Der alte Punktestand wurde zum Stichtag in das neue System umgestellt. Es gibt aber auch Verstöße, die neuerdings gar nicht mehr mit Punkten belegt werden – und zwar solche, die keinen unmittelbaren Einfluss auf die Verkehrssicherheit haben. Dazu zählen beispielsweise das Fahren in einer Umweltzone ohne Plakette oder das Fahren mit abgedecktem Kennzeichen. Wer in der Vergangenheit nur wegen solcher Verstöße als Verkehrssünder registriert war, ist jetzt aus der Datei gelöscht worden. Rund 148.000 Autofahrer profitierten davon.
Bei vielen anderen dürfte sich das Flensburger Konto zu ihren Gunsten reduziert haben. „Unsere Erwartungen, dass zahlreiche Verstöße und Betroffene ganz aus dem Register fallen, haben sich bestätigt“, sagte Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) der Deutschen Presse-Agentur. „Wir konzentrieren uns nun stark auf die Verkehrssicherheit.“ Die Reform hatte noch Dobrindts Amtsvorgänger Peter Ramsauer (CSU) durchgesetzt. Bisher ist nur der elektronische Bestand des Flensburger Kraftfahrt-Bundesamts mit insgesamt 6,1 Millionen Autofahrern umgestellt worden. Weiter 2,5 Millionen Fälle sind in älteren Papierakten registriert, die nach und nach angepasst werden sollen. Hierzu liegen noch keine weiteren Angaben vor.
Was hat sich bei der Bewertung der einzelnen Verstöße geändert?
Einige Beispiele dazu: Wer in der Vergangenheit innerorts oder außerorts die Höchstgeschwindigkeit um 30 Kilometer überschritten hatte, erhielt dafür drei Punkte. Jetzt ist es nur noch einer. Gefährliche Überholmanöver werden nun mit einem statt zwei Punkten geahndet, das Missachten der Vorfahrt mit einem statt 3 Punkten. Zwei Punkte (früher drei) und einen Monat Fahrverbot erhält beispielsweise, wer innerorts 40 Stundenkilometer zu schnell fährt oder auf der Autobahn bei 130 km/h den Mindestabstand um 15 Meter unterschreitet. Für einen Verstoß gegen das Handy-Verbot am Steuer gibt es nach wie vor einen Punkt.
Drei Punkte (bisher sieben) gibt es beispielsweise für das Fahren mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,1 Promille und mehr („absolute Fahruntüchtigkeit“). Hierbei handelt es sich um eine Straftat mit Entziehung der Fahrerlaubnis. Verstöße, die neuerdings mit einem Punkt belegt werden, gelten juristisch als Ordnungswidrigkeiten. Zwei Punkte gibt es für grobe Ordnungswidrigkeiten mit Fahrverbot sowie für Straftaten (ohne oder mit Fahrverbot von bis zu drei Monaten).
Was war doch gleich der Unterschied zwischen einen Fahrverbot und dem Entzug des Führerscheins?
Das Fahrverbot dauert zwischen einem und drei Monate, danach bekommt der Verkehrssünder seinen Führerschein wieder ausgehändigt. Zieht die Behörde den Führerschein jedoch ein, wird dieser ungültig. Er muss nach Ablauf einer Sperrfrist neu beantragt werden. Um ihn neu zu erteilen, kann die Führerscheinstelle Auflagen machen – etwa die Teilnahme am so genannten „Idiotentest“. Der Führerschein wird also neuerdings nach einem Drei-Punkte-Delikt eingezogen. Oder dann, wenn der Autofahrer durch verschiedene Verstöße insgesamt acht Punkte auf seinem Konto angesammelt hat. Dazu reicht es beispielsweise, acht Mal mit dem Handy hinterm Steuer erwischt zu werden.
Nach der Umstellung meines Punktekontos bin ich nicht aus der Verkehrssünderdatei gelöscht worden. Was muss ich jetzt wissen?
Wer nach dem neuen System 1 bis 3 Punkte in Flensburg hat, gilt lediglich als „vorgemerkt“. Sofern man nicht erneut auffällig wird im Straßenverkehr, hat man nichts zu befürchten. Bei vier bis fünf Punkten erteilt die Führerscheinstelle eine Ermahnung und verweist gegebenenfalls auf die Möglichkeit, dass man durch die Teilnahme an einem speziellen Seminar einen Punkt abbauen kann. Bei sechs bis sieben Punkten gibt es eine Verwarnung und den Hinweis zur Teilnahme an einem Seminar, die jedoch nicht mehr zum Punktabbau führt. Ab acht Punkten wird die Fahrerlaubnis entzogen.
Der alte Punktestand, der bis zur Reform bestand, wurde wie folgt ins neue System überführt: Ein Kontostand von 1 bis 7 alten Punkte entspricht 1 bis 3 neuen Punkten („Vormerkung“), 8 bis 13 alte Punkte sind nun 4 bis 5 neue Punkte („Ermahnung“). 14 bis 17 alte Punkte wiederum entsprechen jetzt 6 bis 7 neuen Punkten („Verwarnung“), 18 und mehr alte Punkte sind 8 neue Punkte („Führerscheinentzug“).
Können Punkte weiterhin verjähren?
Ja, sie verjähren jedoch jeweils getrennt in Abhängigkeit von der Schwere des Verstoßes. Für die Autofahrer ist das ein Vorteil. Ordnungswidrigkeiten (für die es einen Punkt gibt) verjähren nach zweieinhalb Jahren. Grobe Ordnungswidrigkeiten und Straftaten (zwei Punkte) nach fünf Jahren und Straftaten mit Führerscheinentzug erst nach zehn Jahren. In der Vergangenheit war es so, dass jeder neue Punkt die Verjährung aller anderen verhinderte.
Wie kann ich meinen Flensburger Punktestand in Erfahrung bringen?
Durch einen einfachen Antrag beim Kraftfahrt-Bundesamt. Auf der Internet-Seite der Behörde kann man dafür einen Musterantrag herunterladen. (Gibt es hier: http://www.kba.de/DE/ZentraleRegister/FAER/Auskunft/faer_tab.html?nn=645908). Den ausgefüllten Antrag schickt man per Post zurück und legt eine Kopie des Personalausweises bei. Möglich ist auch eine Online-Abfrage. Dafür muss der Personalausweis aber nach dem 1. November 2010 ausgestellt worden sein und die Online-Ausweisfunktion (eID-Funktion) aktiviert sein. Notwendig sind überdies ein Kartenlesegerät und die AusweisApp. Wer sich in Flensburg aufhält, kann auch direkt am Eingang zum Kraftfahrt-Bundesamt (Fördestraße 16) Auskunft über den eigenen Punktestand beantragen.
