Präsentation des Ghost II Präsentation des Ghost II: So schön altmodisch ist der neue Rolls-Royce

Ganz untypisch für Rolls-Royce: Vom Modell Ghost erscheint bereits nach fünf Jahren Laufzeit eine zweite Serie. Für die britische Nobelmarke hat ein derart flinker Modellwechsel schon den Charakter von Schnapp-Atmung, aber es sind auch nicht mehr nur gekrönte Häupter, Popstars und politische Potentaten, die sich einen Rolls leisten, sondern Konzernlenker und ganz gewöhnliche Millionäre, die in der Finanz- oder IT-Branche zu Wohlstand gekommen sind.
Sie führen ein derart beschleunigtes Leben, dass etwas anderes als das jeweils neueste Modell für die individuelle Beförderung nicht zu taugen scheint.
Serienmodell oder Einzelstück?
Beim Rolls-Royce bekommt man für sein Geld nicht nur die Entschleunigung, sondern auch die Zeit, die es braucht, dieses Auto von Hand zu bauen. „Hand Built in Goodwood. England“ verkündet die hochglänzende Einstiegleiste.
Handarbeit ist nicht nur teuer. Ihr Reiz besteht in der Individualität. Mit Handarbeit wird auch ein Serienmodell zum Einzelstück. Das wird auch der Rolls-Royce-Kundenberater betonen, wenn er mit dem Kunden die passenden Extras bestellt, das merkt man darüber hinaus aber in jedem Rolls-Royce.
Hier ist das Armaturenbrett noch ein Brett und nicht ein kunstvoll verformtes Holzfurnier. Ein Türgriff ist ein Türgriff, und zwar ein massiver, auch wenn Keyless go an Bord ist. Eindrucksvoll auch die Haltegriffe. Die kennt man schon lange, aber nicht so edel an den Enden verchromt und mit Kunststoff statt mit Leder.
Grifffest und Mechanik-Charme
Überall begegnen einem Elemente, die man schon einmal gesehen hat, aber alles vom Feinsten in Hochglanz-Chrom, mattem Stahl und Kristallglas, alles an heutigen Maßstäben eher überdimensioniert, grifffest und von einem Mechanik-Charme, den Männer lieben, weil nichts so aussieht, als hätten sie es nicht selbst bauen können – wenigstens in ihrer Phantasie.
Man sieht und spürt förmlich die Tradition, die in diesem Auto stcken. Tradition gibt Sicherheit, Sicherheit bringt Souveränität. Technik und Moderne können das auch – aber nicht so herzzerreißend altmodisch.
Nur vorsichtige Änderungen
Die seit 1998 zu BMW gehörende Marke ist ihrer Selbst zu sehr bewusst, als dass sie in der Entwicklung ihrer Fahrzeuge schnelllebigen Trends hinterher liefe. Der Kompromiss zwischen Kundenerwartung und Selbstgewissheit liegt in sehr diskreten Veränderungen im Design. Vorsichtige kosmetische Eingriffe erhielten Scheinwerfer, Lufteinlässe und Stoßfänger, Charakteristisches wie lange Motorhaube und kurzer vorderer Überhang blieben unangetastet.
Höchsten Komfort zu steigern ist keine leichte Aufgabe, doch die Rolls-Royce-Entwickler fanden Handlungsbedarf an den Polstern der vorderen Sitze, deren Fläche nun mittels einer ausziehbaren Schenkelauflage optimiert werden kann.
Für die Rücksitze, die den Anforderungen des Business-Alltags ebenso gerecht werden müssen wie dem Wunsch nach Entspannung, gibt es jetzt die Option „Lounge Sitze“, deren Polster leicht zueinander angewinkelt sind, um eine intimere Atmosphäre zu schaffen, bei der die Passagiere leichter miteinander kommunizieren können.
Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum der Rolls-Royce Ghost II keinen Drehzahlmesser braucht.
Namen nennen, genügt
Kommunikation ist überhaupt das zentrale Thema der technischen Ergänzungen, die in der zweiten Serie des ersten Ghost-Modells der Neuzeit zu realisieren waren. Fonds-Manager, Börsen-Gurus und Finanz-Jongleure würden Rolls-Royce eiskalt links liegen lassen, wenn bei der Fahrt von A nach B nicht die komplette online-Präsenz zu gewährleisten wäre. Folglich sind nunmehr mittels eines On-Board-Wi-Fi-Netzes E-Mail, Datenaustausch und Videokonferenzen möglich.
Der Benutzer ist auch in der Lage, TV-Nachrichten und Marktbewegungen am Bildschirm zu verfolgen. Die Navigation kann über die One-Touch-Ruf-Taste aktiviert werden, die Nennung des Namens einer im System abgespeicherten Person genügt, um eine Telefonverbindung mit ihr herzustellen. Zentrales Steuerungs- und Kontroll-Medium für die erweiterten Funktionen ist der 10,25 große HD-Monitor, der im Ruhezustand hinter einer edlen Holzabdeckung verborgen bleibt.
Der Ghost hat jetzt ein Power-Meter
Zentrale Eigenschaften eines Automobils, nämlich die Frage, wie es fährt, scheinen inzwischen hinter IT-Aspekte zurück zu treten. Und das, obwohl der Ghost II nun serienmäßig mit einer Technik glänzt, die voriges Jahr im Modell Wraith ihre Premiere feierte.
Das satellitenunterstützte Getriebe nutzt GPS-Daten, um weiter vorausblicken zu können, als es der Fahrer kann. Die im Straßenverlauf anstehenden Steigungs- und Gefällstrecken, Einmündungen und Abzweigungen, werden vorausberechnet, um die richtige Fahrstufe des Achtgang-ZF-Automatikgetriebes zu wählen. Das stellt sicher, dass dem Fahrer stets die angemessenen Kraftreserven des 6,6-Liter-Twin-Turbo-V12-Motors zur Verfügung stehen.
Der Fahrer erhält – auch das eine Rolls-Royce-Eigenheit – seine Motorinformationen nicht über einen Drehzahlmesser, sondern über die Anzeige eines Power-Meters, das von 100 Prozent rückwärts rechnend den noch abrufbaren Leistungsvorrat anzeigt.
100 Jahre finstere Mächte
Seit mehr als 100 Jahren sind bei Rolls-Royce finstere Mächte am Werk. Geister, Gespenster und Phantome haben in Modellen wie Ghost, Wraith oder Phantom eine materielle Struktur bekommen und in den zurückliegenden Dekaden automobile Spitzenerzeugnisse repräsentiert.
Aus der seit 1906 angebotenen 40/50-hp-Baureihe wurde der legendäre Silver Ghost, den zunächst ein Siebenliter-Motor antrieb. Zwar wog er nur etwa die Hälfte dessen, was heute ein Ghost II auf die Waage bringt, dafür überragte sein Radstand von 3,40 Metern den des aktuellen Modells noch um zehn Zentimeter.
Der Ur-Ghost war es auch, für den das englische Wort Waftability geprägt wurde, eine Kunst-Vokabel, die das Wesen der unangestrengten Bewegung versinnbildlichen soll.
Die Motorkraft ist ausreichend
Mit 570 PS Leistung und einem maximalen Drehmoment von 780 Newtonmetern ist der Ghost II exakt genau so motorisiert wie sein 2009 vorgestellter Vorgänger. Der Verzicht auf Leistungszuwachs ist nur konsequent, da ein Teil des Marken-Mythos in der Antwort begründet liegt, die Rolls-Royce-Verkäufer Jahrzehnte lang auf die Frage nach der Motorkraft zu geben pflegten: Sie sei „ausreichend“.
Ob die Eigenschaften der neuen Luxus-Limousine ausreichen, den Legenden-Status des Silver Ghost von ehedem zu erreichen, muss sich indes noch erweisen. Das historische Fahrzeug begann im Jahr 1931 eine Filmkarriere, die auch mehr als 80 Jahre später nicht zu Ende war.
Seit „Lichter der Großstadt“, über „Citizen Kane“ und „Frankenstein Junior“ rollte es bis in „Die Frau in Schwarz“ über die Leinwände der Welt. Und das natürlich mit der ihm eigenen „Waftability“. (mit Material von ampnet)
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