Polizeioldtimermuseum in Marburg
Marburg/dpa. - Das Fahrzeug mit der Fronttür, bei deren Öffnen die Lenksäule zur Seite schwingt, bietet Platz für zwei Personen. «Die Isetta ist so schön handlich», sagt Dersch. Höchstens 85 Kilometer pro Stunde schafft das Zwölf-PS-Mobil von 1961, das im 1. Deutschen Polizeioldtimer Museum im mittelhessischen Marburg zu sehen ist - mit Blaulicht und der weißen Aufschrift «Landespolizei». Rund 70 historische Vehikel gehören zu der Sammlung, die nach Derschs Angaben die bundesweit größte und in Hessen einzigartig ist.
Die meisten der Fahrzeuge sind früher tatsächlich viele Jahre lang im Polizeieinsatz gewesen, manche aber haben keine wahre Polizei-Vergangenheit, wie die Isetta. «Das sind zwar echte Oldtimer, aber wir haben sie originalgetreu als Polizeiwagen hergerichtet, weil es sie mit der Ausstattung, in der sie einst im Polizeidienst waren, gar nicht mehr gibt», sagt Dersch. Der 49-Jährige ist Schatzmeister im Polizei-Motorsport-Club Marburg (PMC). Auf Initiative des Vereins wurde 2003 in ehemaligen Bundeswehrhallen im Stadtteil Cyriaxweimar das Museum eröffnet, das sich dem Erhalt historischer Polizeifahrzeuge widmet. «Hier wird Automobilgeschichte erfahrbar», sagt Dersch.
Zu den mobilen Zeugnissen, die hinter schweren Stahltüren in den zwei Ausstellungshallen aufbewahrt werden, gehören auch Motorräder, gepanzerte Sonderwagen, ein Gefangenenbus und ein Wasserwerfer von 1974, der bis 1996 von der Polizei eingesetzt wurde. Das älteste Exponat ist eine fahrbare Fernmeldeleitstelle von 1952/53, wie der zweite Vereinsvorsitzende und Polizeioberkommissar Jürgen Diehl sagt. Der mit Tonband-, Kassetten- und Rundfunkgeräten, Lautsprecher, Funk und Fernschreiber ausgerüstete Bus habe früher zum Fuhrpark der hessischen Polizei gehört. «Weltweit gibt es nur dieses Exemplar, der Bus ist ein Unikat», sagt Diehl. Zu sehen ist auch ein Streifenwagen der DDR-Volkspolizei. «Diese Wartburg-Limousine war auf DDR-Straßen bis zur Wiedervereinigung Deutschlands unterwegs», sagt Dersch.
Der 1990 von acht Marburger Polizisten gegründete Verein hat laut Diehl inzwischen etwa 115 Mitglieder, die meisten von ihnen sind Polizeibeamte. «Die Ursprungsidee war, das Verhältnis zwischen Polizei und Bürgern zu verbessern mit einer akrobatischen Kradstaffel», sagt Diehl. Als den Vereinsmitgliedern ein Jahr nach der Gründung ein Opel Rekord Olympia von 1958 in die Hände fiel, entschlossen sie sich, das Auto als historischen Streifenwagen herzurichten. Der erste Schritt zum Museum war getan; auch die Kradstaffel gibt es noch. Mehrere 10 000 Menschen, so schätzt Dersch, haben das Museum bislang besucht, selbst wenn es nur einmal im Monat zwischen April und Oktober geöffnet ist.
Tausende Arbeitsstunden haben die PMC-Mitglieder in ihrer Freizeit geschraubt, lackiert und geschliffen. Auch an einem der letzten Neuzugänge seien noch unzählige Handgriffe nötig, bis die «Schönheitskur» beendet sei, sagt Dersch. «Dieser BMW 501, der wegen seiner geschwungenen Formen auch Barockengel genannt wird, war in München als Streifenwagen im Einsatz.» Unter dem Rücksitz, den die Hobby-Restaurierer für ihre Arbeit herausgenommen hätten, seien neben einem verlassenen Mäusenest, eine Fahndungsliste aus dem Jahr 1966, eine Patrone des Kalibers 7,65 und ein Alkoholtestgerät früherer Zeit aufgetaucht. «Dieses Originalpolizeiauto fuhr vermutlich auch für die Krimiserie 'Funkstreife Isar 12', die ab 1961 in insgesamt 35 Folgen gedreht wurde», sagt der 49-Jährige und zeigt auf eine Metallplatte mit der Aufschrift 'Isar 12' neben dem Lenkrad.
Der Barockengel ist aber nicht das einzige Stück des Marburger Museums, das in Filmen zu sehen war und ist. Für den Dreh von «Das Wunder von Bern» oder die Verfilmung des historischen Kriminalfalls «Vera Brühne» liehen Regisseure auch schon Fahrzeuge aus Marburg aus, wie Dersch sagt. «Weil es oft die weltweit einzigen Exemplare sind.» Dersch und seine Vereinskollegen werden dann oft zu Komparsen, die die historischen Polizeifahrzeuge lenken. Ihre Gagen setzen sie wiederum für den Kauf neuer Karossen ein. «Irgendwann ist man fast fanatisch und kann nicht mehr aufhören», sagt Dersch. Die Sammlung werde auf jeden Fall weiter wachsen.
Öffnungstermine: 17. August (Sommerfest), 21. September und 19. Oktober; jeweils von 11 bis 17 Uhr; Eintritt ist frei
Weitere Infos: www.polizeioldtimer.de