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Der ADAC sagt Ferien-Staus aus der Luft voraus

Von Britta Gürke 14.07.2008, 08:57

München/dpa. - Auf der A 8 geht nichts mehr: Der Motor läuft langsam heiß, auf dem Rücksitz quengeln die Kinder - die Urlaubsstimmung ist am Nullpunkt angekommen.

«Da hinten löst sich der Stau langsam auf», ruft Martin Mühlbauer in sein Funkgerät und würde die gute Nachricht am liebsten gleich selbst den Fahrern unten auf der Autobahn München - Salzburg (A 8) verklickern. Mühlbauer ist Flugbeobachter beim ADAC Südbayern und hat den vollkommenen Durchblick. Aus 300 Metern Höhe kann er vom Co-Pilotensitz des ADAC-Flugzeuges aus die Straße auf bis zu zwölf Kilometern Länge überblicken. «Von hier oben kann man ziemlich genau voraussagen, wie und wann es da unten zum Stau kommen wird», sagt er.

Über den Verkehrsfunk im Radio kommt Mühlbauers Botschaft wenig später auch unten in den Wagenkolonnen an, die durchs Fenster des Fliegers wie Spielzeugautos aussehen. Da ist der Stau-Experte aber längst weiter Richtung Alpen unterwegs und hat bereits die nächste Gefahr erkannt. «Wenn es sich am Irschenberg hinter München staut, dann bricht hier der ganze Verkehr zusammen.»

Seit fast 30 Jahren steigen die Stauberater des Autoclubs zur Sommerferienzeit jedes Wochenende in die Luft auf. Ihre Mission: Urlaubern die Fahrt über die Alpen nach Italien, Kroatien, in die Türkei oder zu anderen Zielen zu erleichtern. Dabei sind Luft- und Bodenpersonal permanent in Kontakt, denn parallel zu der «Cessna 172» in der Luft sind auf den typischen Ferien-Autobahnen von München über die Alpen auch zahlreiche ADAC-Mitarbeiter auf Motorrädern unterwegs.

«Wir sind oft schneller als die Polizei», sagt Mühlbauer stolz. Aus der Luft könnten sie besser erkennen, wo die meisten Autos unterwegs sind, und damit drohende Staus recht genau vorhersagen. «Die meisten Staus entstehen durch eine Kettenreaktion», erläutert Mühlbauer, der 27 Jahre Erfahrung als Staubeobachter hat. Ein solcher «Stau aus dem Nichts», bei dem weder eine Baustelle noch ein Unfall für den Verkehrsstopp sorge, resultiere aus mehreren einzelnen Bremsvorgängen. «Ein einzelner Autofahrer bremst, weil er merkt, er fährt seinem Vordermann zu dicht auf», erläutert Mühlbauer. Bei dichtem Verkehr müssten dann auch die anderen Autos abbremsen - es komme zur Kettenreaktion.

Aus der Luft können die Stauberater gemeinsam mit den Kollegen auf den Autobahnen vor Staus warnen und Vorschläge für alternative Routen geben. Die Infos der einzelnen Mitarbeiter werden gesammelt und an die Polizei und Radiosender weitergegeben. Fast alle Stauberater gehen unter der Woche einem anderen Beruf nach und bekommen für ihre Wochenendarbeit lediglich eine geringe Aufwandsentschädigung. Trotzdem kann sich der ADAC vor Bewerbern kaum retten.

«Unsere Leute machen das aus Leidenschaft», sagt Mühlbauer. «Wenn sie auf der Straße einer Familie helfen können und hören dann, 'der Urlaub ist gerettet', dann ist das ein tolles Gefühl.» Die rund 30 Stauberater des ADAC Südbayern wechseln sich während der Einsatzzeit zwischen Juni und September mit den Schichten ab. Die Flugbeobachter allerdings sind nur zu viert und deshalb öfter dran. Die Maschine und die Piloten müssen jeweils eigens angemietet werden. «Insgesamt kostet die Aktion für den ganzen Zeitraum um die 50 000 Euro», sagt Mühlbauer. Finanziert wird sie aus Mitgliedsbeiträgen und mit Hilfe von Sponsoren.

Pilot Christian Löffelmann ist die zweite Saison dabei. Aus den Stauberater-Flügen hat er nach eigenen Angaben auch für sich schon viel gelernt: «Wenn ich mit dem Auto in den Urlaub fahre, fahre ich jetzt nach Möglichkeit unter der Woche und ganz früh morgens - eben dann, wenn nicht alle fahren», sagt er. «Außerdem nehme ich mir viel zum Trinken mit und plane schon vorher Pausen ein.» Mühlbauer lächelt Löffelmann zu: «Der hat die ADAC-Tipps schon bestens verinnerlicht.»