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Zum Tod von Otto Häuser Zum Tod von Otto Häuser: Die Welt des braven Schülers Ottokar

Von Christian Eger 16.07.2007, 17:25
Der Schriftsteller Otto Häuser sitzt im Arbeitszimmer seines Hauses in Schöneiche bei Berlin. (Archivfoto: dpa)
Der Schriftsteller Otto Häuser sitzt im Arbeitszimmer seines Hauses in Schöneiche bei Berlin. (Archivfoto: dpa) dpa-Zentralbild

Halle/MZ. - Er habe, erzählte Häuser gern, "ein wunderschönes,knalliges Plakat" gemalt mit der Aufschrift:"Wie prügele ich mein Kind richtig?" Und indie Konsum-Verkaufsstelle neben der Schulegehängt. Die Aula war rappelvoll, der Ärgergroß. Noch einmal so etwas und er werde gefeuert,grollte der Schulrat. Häuser antwortete: "Daskann man ja so auch nicht wiederholen."

Pilei und Schweine-Sigi

Man hat in dieser Szene den ZeitgenossenOtto Häuser ganz: Einer, der gern das letzteWort hat. Der zu gewitzt und klug ist, umsich der machtplatten Doktrin zu unterwerfen.Der andererseits aber seine Ketzereien sofreundlich und verspielt über die Lippen bringt,dass sie den Angesprochenen nicht zum Handelnzwingen. Das ist auch die Taktik des "bravenSchülers Ottokar", Häusers berühmte Kinderbuchfigur,die von 1967 an Karriere macht: "Ottokar,das Früchtchen", "Ottokar, der Weltverbesserer"und "Ottokar, der Gerechte". Von dem genialenKarl Schrader als rothaarig und stupsnasiggezeichnet. Frech, altklug, aufmüpfig, ewig12Jahre alt. Am Ende aber scheint dann dochwieder einhellig die Sonne auf die kleineWelt, die die Attribute des DDR-Alltags trägt.Auf Schuldirektor Keiler ("er hat dreizehnFrauen und sechs Männer") und Pionierleiter"Pilei" Alfons, auf Schweine-Sigi, BärbelPatzig und den braven Ottokar selbst.

Es sind sympathisch kurzweilige, satirischgetönte Sozial-Idyllen, die Häuser unter demNamen Ottokar Domma liefert. Übrigens nachdem Vorbild von Ludwig Thomas (1867-1921)"Lausbubengeschichten" der Jahrhundertwende.Zog Thoma gegen Militarismus und Scheinmoralzu Felde, arbeitete sich Häuser vor alleman einer in abstrakten Produktions-Begriffendenkenden Pädagogik ab. Seine Erwachsenenbücherfür Kinder waren stets auch satirisch pointierteLockerungsschriften für autoritäre Lehrer.

Ottokars Themen: Pioniere, Ferienlager undLPG-Leben, Faulheit und Petzerei, Kinderkriegenund Senioren-Hilfe. Da können die Konfliktezuweilen noch so heftig kochen, am Ende gehendie Schulmärchen stets gut aus. Hier führtauch der Optimismus einer Generation das Wort,die nach 1945 im Osten das bessere Deutschlandwähnte.

Gesamtschule statt POS

Ein Echo der Otto Häuser-Biografie: 1924im böhmischen Schankau, dem heutigen Sankowin der Nähe von Karlovy Vary (Karlsbad), geboren,verschlägt es den Knaben mit seiner Familie1938 aus der Heimat in die Altmark. Schule,Kriegsdienst, dann die Wende des Jahres 1945:Lehrerstudium, SED-Eintritt, frühe Schuldienstjahreund erste schriftstellerische Arbeiten.

Eine mustergültige Ost-Laufbahn: Zum Journalismuskommt Häuser per "Parteiauftrag", ist Redakteurder Lehrerzeitung, dann 25 Jahre Abteilungsleiterfür Volksbildung beim SED-Zentralblatt "NeuesDeutschland". Als Häuser 2006 das Bundesverdienstkreuzerhält, spotten alte Kollegen folgerichtig,jetzt dürfe sich auch Margot Honecker, dieDDR-Volksbildungsministerin, Hoffnung aufeinen Orden machen.

Häuser zieht sich 1989 nach Berlin-Schöneicheins Seniorenleben zurück. "Ich habe sämtlicheProbleme der DDR abgearbeitet", sagt er. Dasstimmt selbstverständlich nicht. Aber seinOttokar läuft weiter, in einer Neuausgabenunmehr sogar als Schüler einer Gesamtschule."Jetzt nach der Wende denke ich darüber nach,wie ich mich noch positiver wenden kann",pointierte Otto Häuser. Am Sonntag ist er83-jährig in Berlin gestorben.

In allen MZ-Shops: Ottokar Domma "Derbrave Schüler Ottokar", Band 3 der Kinderbuch-Klassiker,128 Seiten, 7 Euro