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ZDF ZDF: «Das große Lesen» soll Buchhandel zum Aufschwung verhelfen

Von Thomas Maier 12.07.2004, 18:23
Elke Heidenreich. (Foto: dpa)
Elke Heidenreich. (Foto: dpa) dpa/dpaweb

Frankfurt/Main/dpa. - Aus dem Buchhandel kommen weiterhin ernüchternde Zahlen: Nach einem schlechten Monat Mai erwartet der Handel auch im gesamten ersten Halbjahr 2004 kein Ende der Stagnation. Doch Hilfe naht:

Von diesem Dienstag an soll Deutschlands bislang größte öffentliche Leseaktion der Branche einen neuen Schub verleihen. «Unsere Besten - Das große Lesen» heißt die Initiative, die Elke Heidenreich mit einer einstündigen Sonderausgabe ihrer «Lesen!»-Sendung um 22.15 Uhr im ZDF startet. Nach dem Vorbild einer BBC-Sendung präsentiert dann am 1. Oktober ZDF-Talker Johannes B. Kerner die 50 Lieblingsbücher der Deutschen.

200 Titel - vom Kinderbuch über den Lyrikband bis zum Roman - wird der Mainzer Sender zur Auswahl stellen. Jeder kann die Liste aber nach seinem persönlichen Geschmack erweitern. Die Zuschauer können bis zum 6. August ihre Stimme per E-Mail oder Postkarte abgeben. Dazu werden Deutschlands Buchhandlungen vom ZDF mit Wahlpostkarten versorgt. Die Stimmen von Kindern und Jugendlichen werden extra ausgewertet.

«Die Aktion wird hoffentlich viele Menschen anregen, eine Buchhandlung zu besuchen», hofft Dieter Schormann, Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels in Frankfurt. Auch die Verlage sehen die Initiative positiv: «Das tut dem Lesen gut», sagt Peter Lohmann, Programmgeschäftsführer bei S. Fischer in Frankfurt, der Ängste vor einer «seichten Aktion» für unbegründet hält.

Die Branche hat sich auf die Aktion sorgfältig vorbereitet. Hugendubel, mit 32 Filialen Deutschlands zweitgrößter Buchhändler, verlässt sich bei der Aktion nicht nur auf die vom ZDF gelieferten Plakate, sondern hat eigene drucken lassen. In den Filialen sollen die Bücher der ZDF-Hitliste zumindest teilweise ausgelegt werden. «Wir erhoffen uns einen ähnlich positiven Effekt wie in England», sagt Geschäftsleiterin Nina Hugendubel. Dort war die Aktion sehr erfolgreich.

Auch kleine Buchhandlungen lassen sich die Gelegenheit nicht nehmen, mit der Fernsehsendung PR für das Buch zu machen. «Ich finde gut, dass die Leser selbst miteinbezogen werden», sagt Buchhändlerin Christel Gunkelmann aus dem südhessischen Langen. Sie will Fotos von ihren Kunden mit deren Lieblingsbüchern ins Schaufenster hängen. Da sich die Leute in dem Frankfurter Vorort noch kennen, erhofft sie sich für die persönlichen Tipps besondere Aufmerksamkeit.

Elvira Lorenz will in ihrem kleinen Laden in der 7000-Einwohner- Gemeinde Braunfels im Lahntal ihre Kundschaft in den kommenden Wochen zusätzlich mit eigenen Buch-Empfehlungen versorgen. Außerdem sollen Kinder für die Dekoration im Schaufenster ihre Lieblingshelden zeichnen - als Preis winkt ein Eis in der gegenüberliegenden Eisdiele. «Reich-Ranicki war toll, aber Heidenreich ist effektiver», freut sich die Buchhändlerin auf die Sendung am Dienstag mit Deutschlands prominentester TV-Buchkritikerin, die mit ihrer Show beim ZDF das «Literarische Quartett» ersetzt hat.

Nach dem Start von Heidenreichs «Lesen!» im Frühjahr vergangenen Jahres hat der Handel schnell erkannt, wie wichtig die Büchersendung für den Umsatz ist. Die Buchhändler decken sich jetzt schon vor jeder Sendung mit einem Sortiment der empfohlenen Bücher ein, um am nächsten Tag nicht von Kunden-Anfragen überrascht zu werden.

In der Branche setzt sich zugleich die Erkenntnis durch, dass das Buch als Leitmedium nur dann eine Zukunft hat, wenn es die elektronischen Medien nutzt. «Das Fernsehen kann einem Buch einen großen Schub geben», urteilt S.-Fischer-Geschäftsführer Lohmann. «Entscheidend für die große Welle ist aber weiterhin die Mund-zu- Mund-Propaganda», glaubt er.