Weimar Weimar: Herzogin Anna Amalia Bibliothek wird mit Büchern bestückt

Weimar/dpa. - Rund 90 Prozent der Bücher aus der Zeit des 16. Jahrhunderts bisin die Gegenwart waren zuletzt unter teils miserablen Bedingungenüber die ganze Stadt verstreut. Die neuen Magazine bieten Raum fürAnkäufe der nächsten 40 Jahre.
«Wir mussten ein völlig neues Konzept für die Forschungsbibliothekentwickeln», beschreibt der Bibliothekar die Anforderungen an die 90Mitarbeiter. In dem umgebauten Ensemble des Roten und GelbenSchlosses sind von der Ausleihe bis zur Mediathek sämtlicheFunktionsbereiche untergebracht - optimale Bedingungen fürForschungen mit alten Büchern, aber auch mit neuen Medien. Es gibteine Freihandbibliothek mit 100 000 Büchern und großzügige Leseräume.Dann muss der Leser nur noch 25 Minuten auf ein Buch warten, bisherkonnte das durchaus einen Tag und länger dauern. Knoche will mit denalten Buchbeständen als Pfund wuchern. «Ich habe den Eindruck, dasshistorische Bibliotheken immer wichtiger werden.» Jährlich wachse dieNachfrage um 10 bis 15 Prozent.
Zu den Kostbarkeiten zählen 2000 mittelalterliche Handschriften,8400 historische Landkarten und 3900 Noten. Darunter sind auch diemit 3900 Bänden größte «Faust»-Sammlung der Welt und Handschriftendes Dichters und Philosophen Friedrich Nietzsche. Nicht wenige Bücherwaren durch zu hohe Luftfeuchtigkeit in der alten Bibliothek mitihrem berühmten Rokokosaal gefährdet.
Die renommierte Forschungsbibliothek trägt den Namen der WeimarerHerzogin Anna Amalia (1739-1807). Sie verlieh der kleinen ThüringerResidenz neuen Glanz und holte Dichter wie Wieland nach Weimar. Siemachte Schloss Ettersburg zum Musenhof und erkor das Grüne Schloss amIlmpark zum Domizil für die herzogliche Büchersammlung. Von 1797 ansorgte Johann Wolfgang von Goethe für Ausbau und Verwaltung derBestände. Das 1565 erbaute Stammhaus soll in den kommenden Jahren fürrund acht Millionen Euro saniert und als Zentrum für das alte Buchzugleich Museum und Forschungsbibliothek sein. Es ist durch einenunterirdischen Gang mit Tiefenmagazin und neuer Bibliothek verbunden.
Die bisherigen Arbeiten bewertet der der Architekt Jürgen Bayervon der Direktion Bau der Klassikerstiftung als Routineaufgaben.Hinter der historischen Fassade des Roten und Gelben Schlosses warkaum wertvolle Bausubstanz wie Türen oder Stuckdecken erhalten, aufdie Denkmalpfleger und Bauarbeiter Rücksicht nehmen mussten. Dies seiim Stammhaus mit repräsentativem Rokokosaal, Bücherturm undRenaissancesälen ganz anders. «Die Statik des Hauses ist bis auf dieGrenze ausgereizt», sagt er. Vor allem der Einbau des hölzernenRokokosaales im 18. Jahrhundert auf die darunter liegendenRenaissancesäle habe zu dieser Situation geführt. Auch sei dieGründung der Fundamente auf der Westseite schlechter als angenommen.Ein weiteres Problem für die wertvollen Innenräume seien Klima undLuftfeuchtigkeit.
Nach der Rekonstruktion wird sich das bisher für Besucherweitgehend unzugängliche Stammhaus in völlig neuem Aussehenpräsentieren. Das nach Entwürfen des klassizistischen BaumeistersHeinrich Gentz gebaute Treppenhaus soll wie zu Goethes Zeiten wiederrepräsentativer Haupteingang sein. Knoche und Bayer rechnen mit einemBaustart Anfang 2006. «Mit Glück werden wir Ende 2007, dem 200.Todesjahr von Herzogin Anna Amalia, fertig», hofft Bayer.