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Vier Engel singen für Deutschland

Von Dorit Koch 22.05.2008, 15:57

Belgrad/dpa. - Regen in Belgrad, aber sonnige Stimmung bei den No Angels: Die vier Engel für Deutschland können beim Eurovision Song Contest (ESC) an diesem Samstag vollzählig an den Start gehen.

Seit dem Wochenende zeigte sich das Quartett in der serbischen Hauptstadt nur noch als Trio, da Sängerin Jessica an einem Virus erkrankt war. Doch nach Jessicas Arztbesuch am Donnerstagmorgen schwebten die Pop- Engel wieder auf Wolke sieben, kam die Entwarnung doch rechtzeitig vor den großen Proben für die Finalisten.

Schon beim Botschaftsempfang am selben Tag trat die Band gemeinsam auf, während für 19 ihrer Konkurrenten am Abend das Halbfinale anstand. Derweil genießen die No Angels das Glück, sich nicht qualifizieren zu müssen und ein wenig von der Stimmung in der serbischen Hauptstadt mitbekommen zu können. Die «großen Vier» (Geldgeber) Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Spanien sowie der Vorjahresgewinner und der Gastgeber sind für das Finale stets gesetzt.

Wie sich Belgrad als Gastgeber präsentiert, wird von der ESC-Fan- Gemeinde durchaus unterschiedlich beurteilt. Einige vermissen den stimmungsvollen Empfang und das große Interesse am Song-Contest, wie sie es zum Beispiel in Helsinki (Finnland) oder Kiew (Ukraine) erlebt haben. Tatsächlich deuten in der Stadt an den Ufern der Save und der Donau kaum Plakate auf das größte TV-Musikereignis Europas hin. Doch in den heimischen Medien ist der ESC seit Tagen ein großes Thema, wenngleich bisweilen mit hämischen Kommentaren angesichts der vielen leeren Plätze in der Belgrad-Arena beim ersten Halbfinale. «Die Veranstaltung ist perfekt organisiert. Auch in der Bevölkerung habe ich nur positive Reaktionen erlebt», meint hingegen ESC-Experte Irving Wolther von der Hochschule für Musik und Theater Hannover.

Auch die No Angels loben immer wieder den besonders herzlichen Empfang in der Hauptstadt. Dass sie sich wohl fühlen, ist den Sängerinnen bei Terminen anzumerken - ob nun bei den zahlreichen Interviews oder auf einer Bootstour durch die Stadt. Nur wenige Fußminuten entfernt von ihrem Hotel liegen die Arena und das Pressezentrum, in dem sich schon seit Tagen Hunderte Journalisten tummeln. Dort wird bereits heftig spekuliert, wer das Rennen am Samstag machen wird. Doch selbst wenn sich noch kein deutlicher Favorit abzeichnet und die verschiedensten Namen genannt werden, mit den No Angels und ihrem Song «Disappear» auf einem der vorderen Plätze rechnet kaum jemand.

Die musikalische Qualität des ESC ist in diesem Jahr nach Ansicht des Experten Wolther sehr hoch. Auffällig sei die Vielfalt der Beiträge und der Versuch, eine außergewöhnliche Show abzuliefern. Wolther: «Musikalisch zeichnet sich kein Trend ab, jedoch sprachlich: Die osteuropäischen Länder kehren wieder zu ihren Heimatsprachen zurück.» Dagegen müssen sich die Franzosen damit abfinden, dass ihr Sébastien Tellier sich für einen englischsprachigen Song entschieden hat - immerhin jedoch noch mit einem französischen Einschub. Gewöhnt hat man sich beim ESC indessen längst daran, dass Kandidaten aus Castingshows ihr Glück auf der Eurovisionsbühne versuchen. Neben den No Angels kommen etwa die Kandidaten aus Israel, Norwegen oder Großbritannien aus TV-Formaten. Für Deutschland nicht das beste Omen, nachdem «DSDS»-Kandidatin Gracia 2005 auf dem letzten Platz landete.

Beim Empfang in der deutschen Botschaft in Belgrad durften sich die ganz in weiß gekleideten Engel über kräftigen Beifall und «No Angels - 12 Points»-Fähnchen freuen. Und über den Optimismus von Botschafter Wolfram Maas: «Vielleicht können wir diese Gastfreundschaft im nächsten Jahr mit gleicher Münze heimzahlen.» Gastgeber ist beim ESC immer das Land des Vorjahressiegers. Maas unterstrich den Wunsch, das Bild eines «friedlichen, heiteren und aufgeschlossenen Serbiens» nach Europa tragen zu wollen. «In einem Land, in dem man darüber grübelt, ob man in Europa erwünscht ist, schlägt in diesen Tagen das musikalische Herz Europas», meinte er.

www.eurovision.de