Verlag Verlag: «Campus» feiert sein 30-jähriges Bestehen

Frankfurt/Main/dpa. - Das Haus Campus, das am 25. März in Frankfurt 30. Geburtstagfeiert, spiegelt in seiner Geschichte wie kaum ein anderer Verlag dengesellschaftlichen Wandel in Deutschland wider. Im Zuge derStudentenbewegung war 1975 Frank Schwoerer angetreten, um mit seinemVerlag kritisch die Sozialwissenschaften zu begleiten. Sein SohnThomas Carl Schwoerer hat das Spektrum inzwischen beträchtlicherweitert. Er baute 1986 das Wirtschaftsprogramm auf, 1995 folgte erseinem Vater auch als Verleger und Geschäftsführer nach.
Schwoerer, ein studierter Volkswirt im tadellosen Anzug, hat ausCampus eine Erfolgsgeschichte gemacht: Der Sachbuch-Verlag schreibtnicht nur schwarze Zahlen. Vergangenes Jahr erzielte Campus gegen denTrend in der krisengeplagten Buchbranche einen Rekordumsatz von 10,9Millionen Euro. «Wir planen mit mehr», sagt Schwoerer zu denAussichten für 2005. Die Frage nach der Höhe des Gewinns beantworteter - wie in der Verlagsbranche üblich - ausweichend.
Ausgezahlt hat sich für Campus mit seinen derzeit 36 Beschäftigtendie konsequente Ausrichtung auf Sachbücher und vor allem derenPopularisierung. Zu den Bestseller-Autoren des Verlags gehört auchder Management-Berater Reinhard Sprenger, dessen neuester Band «Derdressierte Bürger» den Staatseinfluss geißelt.
Der Verlag hat es zugleich immer wieder geschafft, mit vomFeuilleton gefeierten Wissenschaftstiteln Verkaufsschlager zu landen.Erster Bestseller war 1983 Leonardo Benevolos «Geschichte der Stadt»,das trotz eines Preises von mehr als 100 Euro inzwischen 30 000 Malüber den Ladentisch ging. Kulturhistorische Werke wie die Mitte der90er Jahre herausgegebene fünfbändige «Geschichte der Frauen» vonGeorges Duby und Michelle Perrot wurden zu Überraschungserfolgen.Heute sind etwa die Hälfte der jährlich rund 200 Campus-Titel nochWissenschaftsbücher. Zum Umsatz des Verlags, der in einem schönenGründerzeitbau im Frankfurter Uni-Stadtteil Bockenheim sitzt, tragensie allerdings nur 15 Prozent bei.
«Es kommt mir nicht auf die ideologische Richtung an, sondern aufQualität», postuliert der seit 30 Jahren in der Friedensbewegungengagierte Schwoerer, der Campus als «pluralistischen Forumsverlag»sieht. Er hat weiterhin den Anspruch, Denkanstöße in der politisch-gesellschaftlichen Debatte zu vermitteln. Die kommen zum Beispiel vonBüchern des amerikanischen Gesellschaftskritikers Jeremy Rifkin, dernicht nur seinem eigenen Land immer wieder den Spiegel vorhält.
Nicht immer verkauft sich Qualität aber auch gut - diese Erfahrunghat auch der Verleger gemacht. Dafür hat Küstenmachers RatgeberCampus den best verkauften Titel aller Zeiten beschert. In Südkoreaund Japan ist das Buch sogar noch erfolgreicher. «Das Thema, wie mansein Leben vereinfachen kann, trifft international einen Nerv»,stellt der Campus-Chef fest.
Im seinem Betrieb setzt Schwoerer, wie er sagt, auf das von seinemStar-Autor Sprenger verfochtene Prinzip der Selbstverantwortung. Fürdie Zukunft des Verlags ist dem Verleger nicht bang: Einmal sind imZuge der Wirtschaftskrise auch die Vorschüsse für Sachbuchautorenbeträchtlich gesunken, was das Risiko für den Verlag vermindert. Deretwaigen Konkurrenz durch Internetpiraterie will Schwoerer durch denAufbau eines gemeinsamen Online-Portals mit anderenWissenschaftsverlagen begegnen.
Demnächst will Campus auf seiner Homepage auch Bücher anbieten,die gegen Gebühr kapitelweise oder ganz heruntergeladen werdenkönnen. Fehler der Musikindustrie, denen das Raubkopieren im InternetMilliardeneinbußen gebracht hat, will er vermeiden: «Wir wollen einkonkurrenzfähiges Angebot entwickeln, bevor das illegale (Angebot) daist», sagt Schwoerer.