«Verbrechen der Wehrmacht» «Verbrechen der Wehrmacht»: Ausstellung wird am Freitag in Halle eröffnet
Halle/MZ. - Seit 1995 bereits reist die so genannte Wehrmachtsausstellung durch Deutschland, ein Schau- und Schulunghaus auf Rädern gewissermaßen, das über die Dauer von acht Jahren längst selbst historisch geworden ist. Am Freitag erreicht die Ausstellung mit dem Titel "Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtunsgkrieges 1941-1944" die Stadt Halle.
Eine Einladung fast auf den letzten Drücker: Ende März wird die Schau des von Jan-Philipp Reemtsma geleiteten Hamburger Institutes für Sozialforschung eingemottet. Dann wäre eine Ausstellung über eine Ausstellung fällig, die den Krawall im selben Maße anzieht, wie sie ihn selbst auch gern provoziert hat.
Zur Erinnerung: Der polnische Historiker Bogdan Musial hatte 1999 die Veranstalter darauf aufmerksam gemacht, dass sie Fotos, die die Ermordung von Menschen in Ostpolen zeigen, falsch ausgewiesen hatten. Nicht die Wehrmacht, sondern der sowjetische Geheimdienst NKWD sei hier nachweislich Täter gewesen. Dass Historiker eigene Arbeiten revidieren müssen, ist an sich nichts Ehrenrühriges. Das Skandalöse des Vorgangs bestand in der Art, wie das Hamburger Institut auf Kritik reagierte, wie da juristisch gedroht und arrogant dekretiert wurde, um später kleinlaut nachzugeben und die Schau neu zu sortieren. Dieser Fall zeigte, worum es dieser Schau auch geht: Nicht nur um Wissenschaft, sondern Weltbildnerei.
Inzwischen haben sich die Verbrechen der Wehrmacht nicht relativiert, aber der Blick auf die "Dimensionen" des Krieges geweitet: Mit dem Beenden des Kalten Krieges sind die Agitations- und Ressentiment-Nebel über dem Gestern verzogen. Die Rückkehr von Themen wie Flucht und Vertreibung, Luftkrieg und Gefangenschaft belegt das. Es ist öffentlich möglich, was bislang als politisch nicht korrekt galt: Trauer auch über zerstörte deutsche Biografien und Landschaften zu zeigen, frei von Selbstgerechtigkeit auf Fakten zu sehen. Man darf gespannt sein. Wie wird sich Halle, das diese Schau gewollt hat, der Vergangenheit annehmen? Mit neuen aufrührenden Fragen oder mit altklug wohlfeiler Agitation?
Die Ausstellung läuft vom 15. November bis 11. Januar im Tschernyschewskij-Haus in Halle, Moritzburgring 10: Mo-Do 10-18, Fr-So 10-20 Uhr.