Vaterschaftstest für Pharao Tutanchamun
Kairo/dpa. - Rund 3300 Jahre nach dem Tod von Tutanchamun haben Wissenschaftler das Rätsel um die Abstammung des jung gestorbenen Pharaos per Gentest zumindest teilweise geklärt.
Lange fragten sie sich: Ist Tutenchamun wirklich der Sohn des «Ketzer-Pharaos» Echnaton oder vielleicht doch ein spät gezeugter Spross von dessen Vater, König Amenhotep III.? Und wer war seine Mutter, die im Kindbett gestorben sein soll? Die Genanalyse zeigt: Pharao Echnaton war höchstwahrscheinlich der Vater von Tutanchamun. Wer die Mutter war, bleibt weiter ungeklärt.
Am Mittwochvormittag will der Chef der ägyptischen Altertümerverwaltung, Zahi Hawass, das Ergebnis der Untersuchung von Gewebeproben, die 2008 aus der Mumie des Pharaos entnommen worden waren, ausführlich vorstellen. Er hatte im März 2005 auch die Resultate einer Computertomographie der Mumie des Pharaos präsentiert. Damals hatte man festgestellt, dass Tutanchamun nicht, wie von einigen Forschern zuvor angenommen, erschlagen worden war, sondern wahrscheinlich eines natürlichen Todes starb. Nun fanden die Forscher genaueres: Tutanchamun starb wahrscheinlich an einer Knochenkrankheit in Verbindung mit Malaria. Es wurden noch Erbgutreste der Erreger entdeckt und analysiert.
Dass die Klärung der verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen den verschiedenen Pharaonen und Königinnen dieser Epoche den Forschern bislang so viel Mühe bereitet hat, liegt unter anderem daran, dass die Zeit zwischen der Regentschaft Amenhoteps III. und dem Tod von Tutenchamun (um 1310 v. Chr.) eine Phase des Umbruchs war. Erst begründete Amenhotep IV. eine neue monotheistische Religion, lässt die neue Residenzstadt Amarna errichten, und ändert seinen Namen in Echnaton. Verehrt werden nun nicht mehr viele Götter, sondern nur noch der Sonnengott Aton. Nach seinem Tod regiert für kurze Zeit Semenchkare, der eine Abkehr von Echnatons Glaubensprinzipien einleitet. Über Semenchkares etwa dreijährige Herrschaftszeit ist aber nur wenig bekannt.
Dann wurde ein etwa acht Jahre alter Junge namens Tutanchaton («lebendiges Abbild des Aton») als neuer Herrscher proklamiert. Die Amtsgeschäfte führen erwachsene Berater, darunter Eje, der später, nachdem der junge Pharao im Alter von etwa 19 Jahren stirbt, auch dessen Nachfolge antritt. Unter dem Kindpharao wird vieles rückgängig gemacht, was Echnaton einst durchgesetzt hatte. Die Stadt Amarna wird aufgegeben. Der Hof zieht um nach Memphis. Der junge Pharao ändert seinen Namen Tutanchaton in Tutanchamun. Die alten Götter gelangen zu neuen Ehren.
Beschäftigt hat die Archäologen lange Zeit ein Relief aus Hermopolis Magna, das wohl die Geburt des Tutanchamun zeigt. Dargestellt wird auch der Tod der Mutter bei der Geburt. Vermutet wird bisher, dass es sich bei der Mutter um Echnatons Nebenfrau Kija handelt. Das allerdings konnten die Forscher nicht bestätigen. Die Mutter des Kindpharaos war nach ihren Genanalysen eine Frau, deren Mumie die Bezeichnung KV35YL trägt. Wer sie war, bleibt weiter ungewiss.
Doch sicher wird es auch nach dieser Untersuchung der Mumien weiterhin Zweifel geben. Denn welche Mumie ist wirklich die von Echnaton? In dem berühmten Grab KV 55 wurde zwar eine Mumie mit einem länglichen Kopf gefunden, bei der es sich um die sterblichen Überreste des Echnaton handeln könnte, doch sicher sind sich die Forscher nicht. Für die Genanalysen gingen sie jedoch erst einmal davon aus, dass die Mumie diejenige von Echnaton ist.
Dass als Vater von Tutanchamun bisher sowohl Echnaton als auch auch Amenhotep III. im Gespräch waren, liegt an einer zweideutigen Inschrift, die nach Ansicht einiger Experten beide Schlussfolgerungen zuließe. Zahi Hawass selbst hat bislang die These vertreten, dass «King Tut», wie er ihn liebevoll nennt, sehr wohl ein Sohn des Echnaton ist. Er habe diesen Umstand aber wegen der Kritik der Priester an der religiösen Revolution seines Vaters in den Inschriften nicht so in den Vordergrund stellen wollen. Die Genanalysen gaben Hawass nun recht.
Historisch betrachtet war König Echnaton zwar wesentlich bedeutender als Tutanchamun. Der Kindpharao gelangte jedoch im vergangenen Jahrhundert plötzlich zu großer Berühmtheit, als Howard Carter im Tal der Könige sein mit goldenen Masken, Möbeln und anderen Schätzen prall gefülltes Grab entdeckte, das bislang einzige bekannte Königsgrab, das nicht von Räubern geplündert worden war.