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"Maybrit Illner" zum GroKo-Kurs Maybrit Illner zum GroKo-Kurs: "Alle fragen sich: Wohin mit Martin Schulz?"

Von Daland Segler 01.12.2017, 06:27

Berlin - Maybrit Illner war erkrankt, deshalb moderierte Bettina Schausten vom Hauptstadt-Studio des ZDF ihre Talkshow zum Thema „Kurs auf Schwarz-Rot – Merkels letzte Hoffnung?“ Und die Vertretung führte sich gleich mit einer schönen Spitze ein: Ob die Gespräche der Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD beim Bundespräsidenten so etwas wie „betreutes Sondieren“ seien? Olaf Scholz (SPD), stellvertretender SPD-Bundesvorsitzender, wich aus: man habe doch viel Zeit.

Wie neulich schon bei Markus Lanz gab der Hamburger Bürgermeister sich betont ruhig und grenzte sich immer mal wieder ab von seinem möglichen künftigen Koalitionspartner, vertreten von Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU). So formulierte er: Der Alleingang von Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) bei der Glyphosat-Abstimmung sei „ein Dummer-Jungen-Streich“ gewesen.  Der Beifall war ihm sicher, obgleich Altmaier darauf hinweisen konnte, auch Sigmar Gabriel habe einst derart gegen die Geschäftsordnung der Koalition verstoßen.

Altmaier auf Kuschelkurs

Aber Altmaier war ansonsten auf das Gegenteil von Konfrontation aus. Die CDU sucht ihr Heil derzeit eben in einer Großen Koalition. Merkels Hausmeier behauptete zunächst, eine Minderheitsregierung sei ungeeignet, langfristigen Entscheidungen zu treffen, und Neuwahlen wären ein Eingeständnis der Schwäche aller politischen Parteien. Ähnlich versuchte er die Genossen bei ihrer staatsbürgerlichen Ehre zu packen: Die SPD müsse sich fragen, ob sie nicht „konstruktiv mitwirken“ wolle. Denn es ginge doch darum das Markenzeichen: „Stabilität made in Germany“ zu bewahren.

Doch Scholz schob die Verantwortung erstmal der Kanzlerin zu. Das Scheitern von Jamaika sei auch mangelnder Führung geschuldet. Autor Hajo Schumacher hieb in die gleiche Kerbe: Es habe bei den zurückliegenden Sondierungen an einem Regelwerk gefehlt, und das sei eine Führungsaufgabe. Der in dieser Sendung wiederholte Ruf nach Führung müsste verdächtig erscheinen, wenn er nicht so durchsichtig als Spitze gegen den politischen Gegner diente. Denn  Scholz goss seine Kritik an Merkel auch in die Frage, ob deren Kraft noch reiche – übrigens ohne dass Altmaier seine Chefin wortreich gegen diese Unterstellung in Schutz nahm.

Beatles Song für Martin Schulz

Die beiden nicht aus der Politik kommenden Frauen in der Runde machten sich derweil für eine Minderheitsregierung stark. Die sei gar nicht so schlecht, fand Dorothea Siems, Chefkorrespondentin für Wirtschaftspolitik der „Welt“, und Politikwissenschaftlerin Andrea Römmele sah den „Charme“ von wechselnden Mehrheiten auch darin, dass die Regierung Farbe bekennen müsse. Nach der Großen Koalition brauche es eine Stärkung des Parlaments.

Der Spruch des Abends

Olaf Scholz musste dann einen Einspieler über sich ergehen lassen, in dem sein Vorsitzender Martin Schulz musikalisch als „Nowhere Man“ (ein Beatles Song) charakterisiert wurde, der mit seiner nach dem Ende von Jamaika wiederholten Beteuerung, in der Opposition zu bleiben, „ein Eigentor verwandelt“ habe. Bettina Schausten nahm das auf und fragte, ob die SPD keine Strategie für diesen Fall gehabt habe. Hat sie offenbar nicht. Zu „95 Prozent“, so Scholz, habe man an das Zustandekommen von Jamaika geglaubt. „Es ist so tragisch“ stöhnte da Hajo Schumacher auf und ließ den Spruch des Abends los: „Alle fragen sich: Wohin mit Martin?“ Schulz habe keine Führungskraft mehr und „alles vergeigt, was man vergeigen kann.“ Andrea Römmele sah den SPD-Chef „angezählt“, und Dorothea Siems pflichtete gleichfalls bei: Mit Schulz werde es weiter bergab mit der SPD gehen.

Da sprang Altmaier, ohnehin auf Harmonie gebürstet, seinem sozialdemokratischen Gegenüber bei. Die Menschen „draußen“ fragten nach Themen und Inhalten, da sei die personelle Aufstellung der SPD nicht so entscheidend. Ob er das auch für seine eigene Partei gelten lassen wollte, sagte er nicht. Auch die angekündigte SPD-Mitgliederbefragung sah die Runde kritisch: Die Genossen im Lande würden nur zustimmen, wenn die Parteispitze mit einer großen Trophäe komme, glaubt Siems.

Keiner wagt eine Stichelei

Welche Trophäe das sein könnte, formulierte Scholz dann nicht etwa als Forderungen an die Christdemokraten, sondern sprach nur darüber, worüber zu sprechen sei. Dazu zählte er einen Kurswechsel im Umgang mit Europa, das sei fast die wichtigste Frage. Dann aber griff er die mit einem Dia eingeblendete und von ihm zunächst als „Unsinn“ bezeichnete angebliche Wunschliste der SPD auf und – bestätigte sie: Bürgerversicherung, Rückkehrrecht in Vollzeit, Solidarrente, höhere Vermögensbesteuerung und schließlich die Erhaltung des Soli sowie die Berücksichtigung der Arbeitnehmer beim Wandel der Mobilität: Auch der Trucker müsse wissen, was aus ihm werden solle.

Vielleicht war es weise von Peter Altmaier, nicht zu den einzelnen Punkten Position zu beziehen. Schumacher wollte in ihm deshalb schon den „Malocher-Peter“ sehen, der sein Herz für die SPD zeige. Aber der CDU-Mann drängte immerhin auf rasche Verhandlungen – um von Scholz ausgebremst zu werden: Alles was klinge wie: Wir schütteln uns einmal durch und machen weiter, sei abzulehnen.

Und wenn es doch so kommt, werden sie alles dransetzen, dass es nicht so klingt...

„Maybrit Illner“, von Donnerstag, 30. November, 22.15 Uhr. Im Netz: ZDF Mediathek.