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"Maischberger" zur "Lügenpresse" "Maischberger" zur "Lügenpresse": Medien bauschten den "Pegida-Galgen" angeblich auf

Von Timo Lehmann 01.12.2016, 07:34
Die Runde bei Sandra Maischberger
Die Runde bei Sandra Maischberger WDR/Max Kohr

Wie sehr darf man den Medien, heute noch trauen? Mit dieser Frage beschäftigte sich am Mittwochabend die ARD-Talkshow „Maischberger“. Vorangegangen war der Sendung der Politthriller „Die vierte Gewalt“, der eher ein düsteres Bild der Medienlandschaft zeigte – Erpressung, gekaufte Journalisten und Politiker, die in Berlin-Mitte intrigieren und selbst über Leichen gehen.

Realistisch? Eher nicht, findet der Fernsehjournalist Ulrich Wickert. „In meiner Zeit hat sich nur einmal ein Politiker bei mir persönlich gemeldet.“ Das sei seinerzeit Norbert Blüm gewesen, der sich beschwerte, weil die Tagesthemen damals nur Blüms Widersacher zu Wort kommen ließ. Einen Druck von politischer Seite komme schon vor. Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk sei dies bei Personalfragen etwa bereits geschehen.

Drohung der Boulevardpresse gegen Vera Lengsfeld

Die ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete und DDR-Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld berichtet, vor 20 Jahren habe ihr der Chefredakteur einer Boulevardzeitung in Thüringen gedroht, er werde sie so runterschreiben, dass sie sich nicht mehr im Spiegel anblicken könne. Lengsfeld beklagt Reportagen, die Tatsachen verdrehen und Politiker, die Medien für ihre Interessen nutzen würden. Heiko Maas etwa habe Gesetzentwürfe über das Verbot der Ehe unter Minderjährigen direkt an den „Spiegel“ gegeben mit der Bitte, wohlwollend zu berichten. Später rudert die ehemalige Politikerin zurück, ganz so sei es nicht gewesen.

Sascha Lobo geht Pegida-Anhänger an

Der Pegida- und AfD-Anhänger Joachim Radke spricht von einem Vakuum rechts der Mitte, das von den Parteien bis in die Medien reiche. Zwar werde im Großteil die Realität wiedergegeben, trotzdem verbreite man in den Medien seit 2010 vermehrt Halbwahrheiten und gar Unwahrheiten.

Ein tendenziöses Verhalten unterstellte er der Talkmoderatorin gleich in der Sendung selbst, als Sandra Maischberger ihn vorstellte, er sei bei Pegida-Demonstrationen in Dresden „marschiert“. Maischberger verteidigt sich: „Auch ich bin früher bei Demonstrationen marschiert.“ Als weiteren Beweis führt Radke den hoch gehaltenen Galgen in Dresden an, den man von unten gefilmt habe, um ihn besonders groß darzustellen.

Sascha Lobo kritisiert Nazi-Wortwahl

Der Social-Media-Experte Sascha Lobo wiederum wirft dem AfD-Anhänger vor, er stilisiere sich als Opfer. „Lügenpresse zu schreien, ist das Gegenteil von Differenzierung.“ Mit den Begriffen Gleichschaltung und Lügenpresse verweise man auf einen Teil deutscher Geschichte, der dem nicht gerecht wird. „Kritik an den Medien muss sein, aber nicht so.“ Dass die Journalisten im Sommer 2015 überschwänglich über „Willkommenskultur“ geschrieben hätten, liege daran, dass auch sie Kinder ihrer Zeit gewesen seien.

„60 Prozent der Menschen sind die Medien gegenüber kritisch“, sagt der Professor Gerhard Vowe, und das sei auch gut so. Doch von Lügenpresse und Gleichschaltung sprechen nur zwei Prozent der Bevölkerung, „ein harter Kern“, Ultras, die „Lügenpresse halt die Fresse“ skandieren.

Sind Journalisten aufgrund einer überproportionalen links-grünen Einstellung in den Redaktionen nicht objektiv? „Es spielt keine Rolle für einen guten Journalisten, wo er sich politisch verortet, wenn er sein Handwerk versteht“, sagt Ulrich Wickert. Joachim Radke hingegen meint, die Mainstream-Medien berichten etwa über Russland viel positiver als über die USA. Auch bei Trump seien die Medien tendenziös gewesen.

Wickert erklärt, dieser Eindruck bei Donald Trump käme dadurch, dass Trump selbst überwiegend negative Nachrichten verbreitete, wofür aber nicht die Journalisten etwas können.