"Maischberger" zu Deutschtürken "Maischberger": "Tatort"-Star Tayfun Bademsoy früher beleidigt und bespuckt

Die Diskussion über Integration und Doppelpass läuft seit einer Woche wieder auf Hochtouren in Deutschland. Rund 60 Prozent der Deutschtürken, die sich am Referendum beteiligt haben, stimmten am vergangenen Sonntag für Erdogans Weg in die Autokratie. „Türken in Deutschland: Immer noch Bürger 2. Klasse?“, fragte sich am späten Mittwochabend deshalb die Talkrunde bei Maischberger. Türkischstämmige wie „Tatort“-Darsteller Tayfun Bademsoy berichtet von ihren Erfahrungen in Deutschland.
Man könne nicht gleichzeitig für die deutsche Verfassung sein und Erdogan unterstützen, sagt etwa Julia Klöckner, CDU-Landeschefin von Rheinland-Pfalz.
Die Option der Mehrstaatlichkeit von Türkeistämmigen der zweiten und dritten Generation hält Klöckner für falsch: „Eine Verwurzelung, die gar nicht da ist, kann nicht in alle Ewigkeit weitervererbt werden.“ Schließlich sei es keine Zumutung, sich für eine Nation entscheiden zu müssen.
Warnung vor Welle des politischen Islam
Ähnlich sieht es Susanne Schröter, Direktorin des "Forschungszentrums Globaler Islam" an der Frankfurter Goethe-Universität. „Staatsangehörigkeiten sind keine Handtaschen, von denen man ganz viele hat.“ Erdogan sei darauf bedacht, die Türkeistämmigen an die Türkei zu binden. „Er macht die Beziehungen immer weiter kaputt.“ Sie warnt vor der Welle des politischen Islam, die zunehmend auch junge Deutsche beeinflusse.
Tayfun Bademsoy von deutschen Kindern gemobbt
Bewegend erzählte der Schauspieler Tayfun Bademsoy von den Ausgrenzungserfahren seiner Kindheit: Als er in den 1970ern als 11-Jähriger nach Deutschland kam wurde er von deutschen Kindern angespuckt, beleidigt – Lehrer unterstützen die Diskriminierung. „Es gibt wunderbare Menschen in Deutschland, aber auch viel Ablehnung.“ Inzwischen habe sich das Klima verbessert.
Wie Erdogan das türkische Volk manipuliert
Erdogan, so der studierte Psychologe Tayfun Bademsoy, habe das türkische Volk manipuliert. „Dieser Mann ist von der Macht so sehr korrumpiert, dass er nicht für das Volk arbeitet.“ Der „Tatort“-Darsteller warnt trotzdem davor, alle Türken in Deutschland nun unter Erdogan-Verdacht zu stellen. Von den 2,9 Millionen Deutschtürken waren nur 1,4 Millionen wahlberechtigt, 416.000 haben für seine Verfassungsänderung gestimmt.
Ihm gegenüber saß AKP-Anhänger und SPD-Mitglied Ozan Ceyhun. 1980 kam Ceyhun infolge des Militärputsches als 20-Jähriger nach Deutschland. „Endlich haben wir eine Verfassung, die von Zivilisten geschrieben wurde“, kommentiert er sein Votum für das Referendum.
Der ehemalige EU-Parlamentarier macht bis heute in Deutschland die Erfahrung, von einigen nicht als Deutscher anerkannt zu werden. Dies habe aber nichts mit seinen Sympathien für Erdogan zu tun.
Erdogan nutzt Identitätskrise
Dagegen hält die ehemalige baden-württembergische Integrationsministerin Bilkay Öney. Es sei normal bei Menschen mit Migrationshintergrund, dass sie sich in einer Identitätskrise befinden. Erdogan setze genau da an. „Wir haben jahrelang die Realität ignoriert, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist.“
Inzwischen seien viele Maßnahmen auf den Weg gebracht. Fehler habe es auf beiden Seiten gegeben. Dieser Weg müsse nun weitergegangen werden.