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"Hart aber Fair" "Hart aber Fair" mit Frank Plasberg: Curvy-Model Angelina Kirsch gegen Diätwahn

Von Peter Seidel 09.01.2018, 06:58

Köln - Die Antwort lautet: Ja. Also die Antwort auf die Frage: „Wampe oder Waschbrettbauch. Gibt es gutes Leben ohne schlechtes Gewissen?“ Und formuliert hat diese Antwort die schrecklich nette „Fernsehfamilie“, die „Hart aber fair“-Moderator Frank Plasberg  im WDR-Talkstudio versammelte – pünktlich nach dem Verspeisen der letzten Reste des Silvester-Raclette, der allerletzten Printen, Lebkuchen und anderer Weihnachts-Naschereien und vor Beginn entsprechender Crash-Diäten zum Abhungern der angesammelten Pfunde. Freilich mit unterschiedlichen Schwerpunkten.

Die Tochter: Das Curvy-Model Angelina Kirsch. Die junge, kurvige, weil normalgewichtige Frau setzte mit ansteckender selbstbewusster Fröhlichkeit ihre Botschaft gleich zu Beginn der Sendung. „Kurven gehören dazu, hat meine Mutter gesagt, als ich Teenager war und in die Pubertät kam. Sei gut zu dir und nimm dich wie du bist.“ 

Kirsch bleibt auch im weiteren Verlauf der Sendung bei sich, steht zu ihren Speckfalten und ihrer Zellulitis, die etwa auf Fotos zu sehen sind, die Plasberg von der jungen Frau in Unterwäsche zeigt. Wobei sie auch die Blessuren nicht verleugnet, die es mit sich bringt, als eben nicht superschlankes Modell im Fernsehen aufzutreten, etwa bei „Let's dance“, und hinterher als „dicke Kuh“ von Zuschauern beschimpft zu werden.

Detlef D! Soost fühlte sich zu dick

Sohn Nummer 1: Der Fitness-Trainer. Detlef Soost fühlte sich zu dick. Nahm deshalb ab, aber nicht nur das. Er trainierte seinen Körper, und erfüllte sich mit seiner Waschbrettbauch-Figur einen Jugendtraum. Außerdem machte er aus dem Wunsch vieler Menschen, ebenfalls toll aussehen zu wollen, auch noch eine Geschäftsidee mit der Diät- und Fitness-Firma imakeyousexy.com. Das war der Punkt, an dem Plasberg einhakte und fragte: „Baut so ein Typ bei Ihnen Druck auf?“ 

Sohn Nummer 2: Schauspieler Moritz Sachs

Und damit ins Schwarze traf. Denn Sachs, in der Rolle des Sohnes Klausi von Mutter Beimer in der „Lindenstraße“ zu frühem Ruhm gekommen, gab unumwunden zu: „Ja.“ Und nicht nur das. Sein Waschbrettbauch-Bruder Detlef nervt ihn auch noch, weil der „sexy“ sein mit Abnehmen verknüpft. „Das suggeriert, dass man das nur sein kann, wenn man daran teilnimmt. Bei Leuten, die ernsthaftes Übergewicht haben (und zu denen zählt sich Sachs auch, jedenfalls zeitweise), geht es aber in erster Linie nicht darum, sexy zu sein, sondern um ein gesundheitliches Problem“, giftete er in Richtung Soost.

„Klausi“ wird von wildfremden Menschen auf sein Gewicht angesprochen

Plasberg wollte dann von Soost wissen, ob nur schlanke Leute sexy seien, was der aber cool konterte, er habe sich selbst eben nicht schön gefunden und deshalb dieses Programm entwickelt. Das aber scheint Sachs bisher noch nicht für sich entdeckt zu haben, denn sein Körpergewicht changiert, wie er berichtete, doch beträchtlich nach oben und unten. Und in den beleibteren Phasen klopften ihm auf offener Straße schon mal wildfremde Leute mit der Bemerkung auf den Bauch: „Na, ganz schön dick geworden, wie?“ Dabei, so Sachs, wäre ihm sein Gewicht wurscht, wenn er nicht gesundheitliche Folgen fürchtete.

Die Mutter: Margareta Büning-Fesel, Chefin des Bundeszentrums für Ernährung. Sachs' Gewichtssorgen und seine Versuche, damit gesund umzugehen, riefen ganz offensichtlich mütterliche Gefühle in der Behördenchefin wach. Denn irgendwann wandte sich Büning-Fesel direkt an den Schauspieler und fragte, ob er sich denn schon mal Hilfe bei einer professionellen Ernährungsberaterin geholt habe. Hatte er. Die Ernährungswissenschaftlerin hatte im Übrigen Fundiertes, aber auch sattsam Bekanntes zum Thema Diäten zu berichten. Crash-Diäten bringen nichts, schaden im Gegenteil eher, sinnvoller sei eine allmähliche Ernährungsumstellung.

Körper-Optimierung mit Hilfe der Technik

Der Vater: Techniker-Krankenkassen-Chef Jens Baas. Hatte eine ähnliche Rolle wie Büning-Fesel und musste sich nur beim Thema Datensammelwut der Gesundheitsorganisationen von Plasberg auf den Zahn fühlen lassen. Baas tat das aber routiniert - „Wir wollen die Daten der Versicherten von ihren Schrittzählern und Pulsmessern, die sie tragen gar nicht haben“ - und betonte, es gehe auch beim Bonussystem seiner Kasse nicht darum, gesund lebende gegen weniger gesund lebende Patienten auszuspielen.

Das Enfant Terrible: Der digitale Gesundheitsberater Florian Schumacher passte als einziger nicht so recht in die nette TV-Familienrunde, die bei allen Aufs und Abs trotz manchmal zu vieler Pfunde mit sich im Reinen war. Schumacher misst ständig alle möglichen eigenen Körperfunktionen und Werte, weil er ohne „ungesünder essen und ineffizienter schlafen“ würde. Er lässt Labortests machen, schaut auf Wahrscheinlichkeiten für genetische Dispositionen, denn: „Die eigenen Anlagen muss man kennen, um das Beste herauszuholen.“" Und das ist sein Ziel. 

Bei soviel durchgeplanter und datengesteuerter Lebenseffizienz ist dem Mann aber offenbar die Gefühlsebene für seinen Körper abhanden gekommen. Auf Plasbergs einfache Frage, ob er mit diesem zufrieden sei, gab es trotz Nachfrage keine wirkliche Antwort. 

Alles in allem ein unterhaltsamer Abend über Pfunde und wie man sie sinnvoll los wird.