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"Hart aber Fair" "Hart aber Fair": Gegen Verzweiflung hilft kein Zaun das wusste bereits Gaddafi

Von Michael Kohler 19.09.2016, 21:03
Moderator Frank Plasberg lud erneut zu seiner Sendung „Hart aber Fair“ ein.
Moderator Frank Plasberg lud erneut zu seiner Sendung „Hart aber Fair“ ein. imago

Frank Plasberg sieht schon die nächste "Flüchtlingswelle" auf Europa zurollen und fragt, ob wir selbst schuld an allem sind? Statt den Afrikanern vor Ort zu helfen, würden wir nur Zäune bauen. Aber ist dem von Krieg, Terror, Diktatoren und neuerdings dem Klimawandel gebeutelten Afrika überhaupt zu helfen? Und wenn ja, wie? Ein wichtiges Thema, aber die Gästeliste las sich ein wenig, als sei alle Hoffnung schon verloren.

Wer durfte mitreden?

Peter Györkos

Der ungarische Botschafter in Deutschland kam wie erwartet über rechts und inszenierte sich als Verkünder unbequemer Wahrheiten: Wenn sich Europa nicht verbarrikadiert, wird es im Ansturm der Armutsflüchtlinge untergehen. Gäbe es das Mittelmeer nicht schon, würde er es wohl ausheben lassen und die Afrikaner müssten es bezahlen. Aber er sagte auch: Zäune bauen und Hilfe leisten schließen einander nicht aus.

Neven Subotic

Der Fußballprofi engagiert sich mit einem Brunnenbauprojekt in Afrika, was nobel ist, ihn aber nicht zwangsläufig zum Experten für aktuelle Migrationsbewegungen macht. Als gelernter Verteidiger grätschte Subotic den ungarischen Rechtsaußen Peter Györkos einmal sauber ab und hielt ansonsten den Ball flach. Sicher im rhetorischen Stellungsspiel, über die gesamte Spielzeit eher unauffällig. Kicker-Note 3.

Norbert Röttgen

Der CDU-Politiker ist ein kluger Mann, weshalb er Europa stärker in die Pflicht für das einst von Europas Kolonialmächten ausgebeutete Afrika nehmen will. Ihm fehlte allerdings ein würdiger realpolitischer Widerpart vom Schlage eines Peter Scholl-Latour.

Shafagh Laghai

Die ARD-Korrespondentin in Nairobi konnte aus eigener Anschauung berichten: Das einzige Haus, das in einem afrikanischen Dorf ein Dach hatte, gehörte einer Familie, die Geld von einem Verwandten aus Europa bekam. Daran würden die Menschen ihre Hoffnung knüpfen und sich nicht abschrecken lassen von Nachrichten über Tote im Mittelmeer.

Elias Bierdel

Der Menschenrechtsaktivist von "Borderline Europa" litt ein bisschen am Borderline-Syndrom - keiner wollte ihm wirklich widersprechen. Seine Hauptthese: Diese Welt ist grotesk ungerecht organisiert und wir in Europa fühlen uns als die Gewinner. Für ihn ist Afrika im Grunde weiterhin europäisches Kolonialgebiet.

Was machte Plasberg?

Der Moderator hakte nach, wenn Györkos auf nicht gestellte Fragen antworten wollte, und hatte ansonsten wenig Mühe mit seinen Gästen. Die Einspieler machten zudem Sinn. Wahlweise eine unauffällige oder tadellose Leistung.

Wie hoch war der Streitfaktor?

Niedrig. Die Diskussion war angenehm sachlich, vielleicht auch, weil alle Gäste einen grundsätzlichen Fatalismus teilten: die Welt ist schlecht und wird durch Geschrei nicht besser. Einzig Bierdel konnte sich ein wenig über die fortgesetzte Ausbeutung Afrikas durch die Industriestaaten erregen. "Ich gönne Ihnen den Anklagemodus", sagte Röttgen dazu.

Was haben wir gelernt?

Manches, was wir schon wussten oder zumindest ahnten: Europa hat lange weggeguckt und geglaubt, dass sich die Probleme in Afrika dadurch von selbst erledigen. Jetzt klopfen die Probleme an unsere Türen. Afrika ist nicht mehr weit weg, sondern ganz nah. Und Abschreckung wird nicht funktionieren; dazu ist die Lage in Afrika viel zu verzweifelt. Eine besondere Pointe gab es auch: Der libysche Diktator Muammar al-Gaddafi hat die aktuelle Situation 2011 exakt vorhergesagt.