"Anne Will" nach Scheitern von Jamaika Anne Will: Stephan Weil positioniert SPD für Verhandlungen über eine Große Koalition

Berlin - Sah am vergangenen Sonntag noch alles nach einer Jamaika-Koalition aus, steht Deutschland nun vor einem Fragezeichen. Große Koalition, Neuwahlen oder doch eine Minderheitsregierung? „Was für eine bemerkenswerte Woche“, hält Anne Will fest.
Stephan Weil, SPD-Ministerpräsident aus Niedersachsen, macht an diesem Abend deutlich, in welch schwierige Lage die SPD mit dem Scheitern von Jamaika und dem Drängen des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier auf eine Einigung ohne Neuwahlen gebracht worden ist.
Weil bemüht sich, die SPD nicht als Wendehals dar stehen zu lassen und betont: „Mal eben wieder auf die Regierungsbank zu hüpfen“, das werde ein weiter Weg für die SPD. Zu groß sei der Schrecken über das historisch schlechte Ergebnis vom 24. September. Wer denke, dass die SPD jetzt einfach umschalten werde, liege falsch. „Die SPD ist bestimmt nicht die Reservebank der Bundeskanzlerin.“
Weil: „Keine Stabilität mit Schwarz-Grün“
Deshalb dämpft er sodann die Erwartungen. „Ich erwarte keine kurzfristigen Entscheidungen“, sagt Weil, der selbst gerade in Turbo-Geschwindigkeit eine Große Koalition in Niedersachsen gebildet hat. „Ich fürchte, in keinem Fall werden wir in diesem Jahr eine neue Regierung haben.“ Das sei aber auch kein Weltuntergang. Deutschland habe eine handlungsfähige geschäftsführende Regierung.
Dass eine Große Koalition für ihn aber dann doch die beste Lösung zu sein scheint, offenbart er bei der Frage, was er von einer Minderheitsregierung von CDU und Grüne hielte. „Da gäbe es keine Stabilität“, sagt Weil. „Eine schwarz-grüne Minderheitsregierung halte ich für ausgeschlossen.“
Laschet: „Minderheitsregierung ist schlechte Lösung“
Armin Laschet, sein Amtskollege aus Nordrhein-Westfalen, sieht das genauso. „Eine Minderheitsregierung ist eine schlechte Lösung.“ Auf europäischer und internationaler Ebene werde auf Deutschlands Stimme gewartet. „Deshalb ist die GroKo der nächste Versuch, eine stabile Regierung zustande zu bekommen.“ Staatsrechtler Ulrich Battis kann sich nicht verkneifen zu betonen, dass man schon längst von keiner Großen Koalition mehr sprechen könne, „eher eine normale Regierungsmehrheit“.
„Ich habe Wahlkampf gemacht gegen die Große Koalition, gegen den Stillstand“, mischt sich Göring-Eckardt ein. Dieser Stillstand stehe Deutschland jetzt wieder bevor. Göring-Eckardt sieht sogar einen Rechtsruck im Parlament. Nicht nur, weil die AfD eingezogen ist. Sondern auch, weil Union und FDP sich weiter rechts positionierten. Deshalb kündigt die Grüne-Fraktionschefin an: „Die Grünen werden die härteste Opposition machen, die sie je gemacht haben“.
Ist eine Flüchtlings-Obergrenze mit der SPD zu machen?
Zwar diskutiert die Runde am Rande noch die Option einer Minderheitsregierung. Doch abgesehen vom Staatsrechtler Battis, der dies als für eine „große Stunde des Parlaments“ hielte, findet der Gedanke kaum Zustimmung. Laschet plädiert erneut für Stabilität, Weil spricht zwar davon, dass es „keine Denkverbote“ geben sollte, hält diese Lösung aber dann doch für unrealistisch. Selbst Göring-Eckardt sagt: „Ich sehe nicht, welche Mehrheit für den Kohleausstieg stimmen sollte.“
„Weihnachten haben wir eine neue Regierung“
Also zurück zur GroKo. „Inwiefern nimmt man das Sondierungspapier als Blaupause für das, was man mit der SPD aushandelt?“, will Anne Will von Armin Laschet wissen. „Potenzielle Kompromisse mit zwei kleineren Partnern sind nicht die Grundlage für Gespräche“, betont Laschet. Ausschlaggebend sei das Wahlprogramm der CDU.
Wird die SPD eine Obergrenze akzeptieren, wie sie im Jamaika-Papier vorgesehen war? „Wir werden nach wie vor nichts mitmachen, was verfassungsrechtlich nicht in Ordnung ist“, meint Weil. Da mischt sich die Grünen-Sondiererin Göring-Eckardt ein: „Da war nichts verfassungswidrig.“ Auch sie hat schließlich eine Partei-Ehre zu retten. „Dann ist ja gut“, gibt Weil klein bei.
„Wahrscheinlich hat die letzte Groko am Anfang den Fehler gemacht, nicht klar zu sagen, was sie will. Dieser Fehler darf uns nicht noch einmal passieren“, sagt Weil. Es klingt wie eine Ankündigung. Grünen-Fraktionschefin Göring-Eckardt ist am Ende überzeugt: „Weihnachten haben wir eine neue Regierung.“