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Trauerfeier für Alfred Neven DuMont im Kölner Dom Trauerfeier für Alfred Neven DuMont im Kölner Dom: Berührt von Emotion und Erinnerung

Von Joachim Frank 09.06.2015, 17:16

Köln - Links im Altarraum des Doms steht sein Schwarz-Weiß-Porträt auf einer Staffelei, fast mannshoch, davor ein Gesteck aus weißen Rosen und Callas. Selbstbewusst, forschend, mit einem Anflug von Schmunzeln blickt Alfred Neven DuMont auf die Trauergäste. „Sicher schaut er uns jetzt auch von oben zu“, geht es seiner Frau Hedwig durch den Kopf, wie sie anschließend erzählt. Vorn in der ersten Bankreihe haben sie und ihre Tochter Isabella Hannelore Kraft in die Mitte genommen. Die NRW-Ministerpräsidentin führt die Riege der Prominenten im Gedenkgottesdienst für den am 30. Mai verstorbenen Verleger an. Immer wieder wenden die drei Frauen sich einander zu, sind buchstäblich berührt – von Emotionen und Erinnerungen, die in den Traueransprachen aufgerufen werden.

Wie immer ist es der Dom, der es einem leicht macht, wenn das Herz schwer ist. Durch das Richterfenster im Südquerhaus fällt lebendig-buntes Licht, der Raum mit seinen warmen Sandsteintönen vermittelt trotz aller Größe das Gefühl, gut darin aufgehoben zu sein. Orgel, Streichquartett und der Chor St. Stephan sorgen für eine Hülle aus Klängen, in die sich die Trauergäste im voll besetzten Dom gleichsam einschmiegen können. Viele sind gekommen: Familie und Freunde, Weggefährten und Geschäftspartner, Honoratioren aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Medien, auch eine große Zahl von Mitarbeitern und Kölner Bürgern, denen der Dom für den Trauergottesdienst offen steht und die Abschied nehmen möchten von einem „großen Kölner“, wie OB Jürgen Roters später sagen wird.

Die junge Sopranistin Marina Heinrichs trägt noch einmal Leonard Cohens „Halleluja“ vor, das sie mit dem Jugendchor St. Stephan schon vorige Woche zur Beisetzung im engsten Kreis von Familie und Freunden gesungen hat. Nicht nur für Wolfgang Niedecken gilt, was der BAP-Chef anschließend, noch sichtlich bewegt, erzählt: „Bei diesem Song hatte ich schon ein Tränchen im Knopfloch.“

Vielleicht hat es ja auch mit der hochragenden, zugleich strengen und alles aufhebenden gotischen Architektur des Doms zu tun, wie die Redner den Verstorbenen würdigen. Der letzte von ihnen ist Hans Werner Kilz, ehemaliger Chefredakteur von „Spiegel“ und „Süddeutscher Zeitung“, heute Mitglied im Aufsichtsrat der Mediengruppe M. DuMont Schauberg. Kilz kannte Alfred Neven DuMont gut. Er spricht von seiner Bewunderung für die „monumentale Lebensleistung“ des Verlegers, nennt ihn einen „Glücksfall für unser ganzes Land“. Und weil Kilz darum weiß, dass eine Persönlichkeit vom Format Neven DuMonts Schatten wirft, spricht er auch darüber. Aber so, dass er sich nicht an dem Verstorbenen schadlos hält, sondern ihm gerecht wird, im umfassenden Sinn. Als einer der „impulsivsten und schärfsten Kritiker“ seiner Blätter habe er „seine Chefredakteure gern unter Druck gesetzt“, aber auch Respekt davor gehabt, „wenn einer Rückgrat zeigte“, sagt Kilz, und er führt die Tatsache, dass nun er – selbst ein profilierter Vertreter des journalistischen Metiers – das Lebenswerk Alfred Neven DuMonts würdige, darauf zurück, dass ihre Wege, „er als Verleger, ich womöglich als Chefredakteur“, sich nicht früher gekreuzt hätten.

Die charmante Anspielung auf nicht immer „vergnügliche“ Arbeitsbeziehungen mit einem so bedeutenden wie „eigenwilligen und streitbaren“ Verleger hätte diesem bestimmt gefallen, ebenso die Entschiedenheit und Ehrlichkeit, die sich durch die Ansprachen ziehen. Von einem „Menschen mit Ecken und Kanten“ spricht Dompropst emeritus Norbert Feldhoff. Wenn aber jemand glaube, ein großer Mensch ohne Ecken und Kanten zu sein, „möge er doch einmal vorsichtig prüfen, ob er nicht mindestens in einem Punkt irrt“, fügt Feldhoff hinzu, den Neven DuMont sich als Zelebranten der Trauerfeier gewünscht hatte.

Solche Momente des Schalks und der feinen Ironie zusammen mit kölschen Motiven, die zu Neven DuMont als gebürtigem Kölner und langjährigem Ehrenbürger passen, geben der Feier ihr eigenes Gepräge. Willi Ostermanns Lied „Heimweh nach Köln“ gehört dazu, der Oberbürgermeister mit goldener Amtskette und auch die Stadtfarben Rot-Weiß in den Kränzen. Roters nennt Neven DuMont einen „Weltbürger mit kölschem Pass“ und würdigt noch einmal seine Verdienste um die Kultur- und Medienlandschaft seiner Heimat.

Ende einer Epoche

Feldhoff und der Chef des Hilfswerks Misereor, Pirmin Spiegel, heben einen weiteren Wesenszug Alfred Neven DuMonts hervor: seine Gottsuche. Feldhoff sieht darin auch einen Reflex auf die Profession des Journalisten, für den das Recherchieren, „die Suche nach dem, was wirklich ist und war“, Ehrensache und Herzensanliegen ist. Spiegel ergänzt in seiner Predigt das Bild des Weges, der für Neven DuMont bis zum Tod auch ein Weg zu Gott gewesen sei. Nach „massivem Ärger mit dem kirchlichen Bodenpersonal“ war dieser vor fast 50 Jahren aus der Kirche ausgetreten. Spät erst kam er zurück – ein Schritt, der ihn glücklich gemacht habe, so beschreibt es Feldhoff.

Ganz zum Schluss deutet Kilz den Tod Alfred Neven DuMonts als Verlust nicht nur einer Persönlichkeit, sondern als Ende einer Epoche: „Es war, als sei der alte Zeitungsjournalismus endgültig gestorben.“ Und dann lässt Kilz eine kleine Geste folgen, die all das emotional einfängt und beglaubigt, was zuvor gesagt worden ist. Er dreht er sich nach rechts, zum Porträt des Verstorbenen, senkt Kopf und Oberkörper und sagt: „Danke, lieber Alfred Neven DuMont.“

Im Kölner Dom ist ein großes Portrait von Alfred Neven DuMont aufgestellt.
Im Kölner Dom ist ein großes Portrait von Alfred Neven DuMont aufgestellt.
Heinekamp Lizenz
Pirmin Spiegel, Hauptgeschäftsführer bei „Misereor“
Pirmin Spiegel, Hauptgeschäftsführer bei „Misereor“
Fouad Lizenz
Die Trauergäste im Kölner Dom.
Die Trauergäste im Kölner Dom.
Fouad Lizenz
Die Fürbitten wurden von Peter Pauls, Chefredakteur des Kölner Stadt-Anzeiger und Monika Poll, langjährige Sekretärin von Alfred Neven DuMont, vorgetragen.
Die Fürbitten wurden von Peter Pauls, Chefredakteur des Kölner Stadt-Anzeiger und Monika Poll, langjährige Sekretärin von Alfred Neven DuMont, vorgetragen.
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