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Todestag Todestag: Vor 50 Jahren starb der Fotograf Robert Capa

Von Thilo Resenhoeft 24.05.2004, 15:16

Hamburg/dpa. - Bis ihn eine Tellermine im vietnamesischen Buschzerreißt, hat Robert Capa rund 70 000 Negative belichtet. Am 25.Mai 1954 fordert der rastlose Ungar sein Glück zu weit heraus, dasihm während der steilen Karriere zu einem der besten Fotografen des20. Jahrhunderts stets zur Seite gestanden hatte. An diesem Tagbegleitet der Lebemann, Frauenschwarm, Glücksspieler und Abenteurermit der Kamera französische Soldaten in Indochina bei einem Angriffauf eine Stellung der Vietminh. «Ist ein Bild nicht gut genug, warder Fotograf nicht nahe genug dran», lautet Capas legendärer undbis heute viel zitierter Ratschlag. Diesmal ist er zu nahe dran.

Capa hat diese Nähe stets gesucht. 1944 ist er bei derlebensgefährlichen Landung der Alliierten in der Normandie dabei.Auf seinen Bildern ist aus nächster Nähe zu sehen, wie die Soldatenunter deutschem Sperrfeuer durchs flache Wasser in Richtung Strandwaten.

Capa wird 1913 als André Ernó Friedmann in Ungarn geboren. Erwird 1931 ausgewiesen, weil er gegen das repressive Regime Ungarnsdemonstrierte. Auch lehnte er die Mitgliedschaft in derkommunistischen Partei ab - woraufhin er als bürgerlicherIntellektueller abgetan wurde. Im Exil studiert Friedmann von 1931bis 1933 in Berlin Politik. Er arbeitet nebenher für den DeutschenPhotodienst «Dephot» und landet 1932 mit einer Reportage überTrotzki in Dänemark seinen ersten Coup. Von 1935 an nennt sichFriedmann «Capa», dies ist das ungarische Wort für Schwert. InSpanien, wo er oft arbeitet, bedeutet «la cape» der Deckmantel.«Kein schlechter Name für einen Kriegskorrespondenten», urteilt derKulturhistoriker Jean Lacouture.

Das 1936 entstandene Bild eines im Moment des Todes zur Erdefallenden Soldaten in Spanien macht Capa weltberühmt. Er wird zurBlütezeit der Foto- und Reportagemagazine zu einem der Starreportervon «Life» und einem der berühmtesten Kriegsfotografen. Capa ist imEinsatz unerschrocken und auf der Rennbahn und in den Barsverschwenderisch. Er gewinnt das Herz von Ingrid Bergmann undvieler anderer Frauen.

1947 gehört er zu den Gründern der Fotoagentur Magnum, bis heuteHeimstatt vieler der besten Fotografen. Revolutionär war die Ideeder Kooperative, in der die Reporter die Rechte an ihren Negativenbehalten. Damit hatte die Gruppe um Capa und Henri Cartier-Bressondas Urheberrecht in der Fotografie erfunden - «und ihrem Metier dieFreiheit gebracht», urteilt Magnum-Experte Lacouture.

Der Ungar hat über die Jahre viele Tote fotografiert, vieleblutverschmierte Verletzte, viele Flüchtlinge, viele angstverzerrteGesichter. Aber auch Reportagen über politische Führer oder dasArbeitermilieu außerhalb von Krisenregionen gehören zu seinem Werk.Einmal hat er zum Beispiel die Arbeiter in einem Bergbaugebiet inWales fotografiert. Capa wurde daraufhin gefragt, wie ihm dieseNahaufnahmen von gelösten, fröhlichen Menschen gelingen, dietagsüber härteste Arbeit verrichten müssen. Das sei ganz einfach,antwortete Capa: «Hab die Menschen gern und zeig es ihnen auch».

Dieser Satz findet sich - zusammen mit rund 1000 Fotos desUngarn - in der umfassendsten Dokumentation seines Werkes undLebens («Robert Capa. Die Sammlung», Phaidon, Berlin, gebunden, 572Seiten, 76 Euro, ISBN 071489303X). Für das Buch hat der AutorRichard Whelan auch die letzten Tage im Leben Capas recherchiert.Der erhielt 1954 das Angebot, für 2000 Dollar im Indochina-Krieg zufotografieren. Der Fotograf brauchte das Geld für Arzt- undAnwaltskosten, stimmte widerwillig zu und stieg ins Flugzeug.

Am 25. Mai 1954 bricht Capa morgens um 7.00 Uhr auf. Er hat eineContax mit Schwarzweißfilm, eine Nikon mit Farbfilm und eineThermoskanne mit Eistee dabei. Um 14.50 Uhr macht er seine letztenBilder: Soldaten mit Geräten zur Minensuche. Kurz danach tritt erauf einen im Gras versteckten Sprengsatz. Die Nikon wird weitfortgeschleudert. Die Contax hält Capa bei seinem Tod festumklammert.