1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Stolberg feiert Juliana: Stolberg feiert Juliana: Oranierin aus dem Harz

Stolberg feiert Juliana Stolberg feiert Juliana: Oranierin aus dem Harz

Von Christian Eger 13.02.2006, 18:36

Stolberg/MZ. - Sogar der Schriftsteller Johann Gottfried Schnabel (1692-1750), der als Kammerdiener zu Stolberg den sozialutopisch aufgeladenen Schmöker "Die Insel Felsenburg" verfasste, hat seine gepflegte Öffentlichkeit gefunden. Allein dass Stolberg eine am Ort geborene Frau aufzuweisen hat, deren direkte Nachfahrin eine regierende Königin ist, blieb weithin unbekannt.

17 Kinder, 124 Enkel

Das soll sich gründlich ändern. Stolberg feiert das Juliana-Jahr: mit einigem kulturellen, akademischen und touristischen Aufwand. Eine Silbermünze, eine Konferenz, ein lebensgroßes, vom halleschen Bildhauer Bernd Göbel geschaffenes Denkmal werden geboten - und ein Buch, das sich mit jener Frau beschäftigt, die in Stolberg am 15. Februar vor 500 Jahren das Licht der Welt erblickte. Und die nun die Welt in den Ort locken soll.

Die Rede ist von Juliana zu Stolberg und Wernigerode, die 1506 auf dem gräflichen Schloss geboren wurde, dort und in Wernigerode ihre Kindheit verbrachte, in erster Ehe mit dem 1529 gestorbenen Grafen Philipp II. von Hanau-Münzenberg und ab 1531 mit dem verwitweten Grafen Wilhelm "Der Reiche" von Nassau-Dillenburg verheiratet war und 1580 in Königstein im Taunus gestorben ist. 17 Kinder aus zwei Ehen, insgesamt 124 Enkel und 392 Urenkel hatte Juliana aufzuweisen, ermittelte die hallesche Historikerin Monika Lücke. Und mit Julianas ältestem Sohn aus zweiter Ehe einen Mann, der Weltgeschichte schrieb: Wilhelm von Oranien (1533-1584), der die Niederlande von der spanischen Herrschaft befreite und jene Dynastie begründete, in deren Linie Königin Beatrix die Niederlande regiert - deren Mutter wiederum den Namen Juliana trug.

"Juliana - eine ,Oranierin' aus Stolberg im Harz" heißt die gemeinsam von Claudia Hennrich, Geschäftsführerin des Deutschen Fachwerkzentrums Quedlinburg, und Monika Lücke, Historikerin an der Universität Halle, verfasste 88-Seiten-Schrift, die morgen in Stolberg vorgestellt wird. Eine Publikation, die es in sich hat. So ist es Monika Lücke erstmals gelungen, quellenkundlich den Beweis zu führen, dass Juliana in Stolberg und nicht etwa - wie auch gern behauptet - in Wernigerode geboren wurde.

Ein in Wernigerode entdecktes "Geburtsbüchlein" der gräflichen Familie verzeichnet Entbindung und Taufe des fünften Kindes des Elternpaares Botho III. und Anna zu Stolberg und Wernigerode: "uff sant Julian nach der vesper, und es war sontag". Vor allem akribisch verfasste Rechnungen geben Auskunft über Julianas frühen Lebensweg (über "Beltzlynn" genannte Perlzmäntelchen zum Beispiel), später kommt eine breite Korrespondenz hinzu; ein Nachlass existiert nicht, weil Schloss Dillenburg im Zuge des Siebenjähriges Krieges 1760 niedergebrannt ist.

Warten auf die Königin

Claudia Hennrich widmet sich der baugeschichtlichen Erforschung des Schlosses Stolberg, das seit 2002 Eigentum der Deutschen Stiftung Denkmalschutz ist. Ging man bislang davon aus, dass die mittelalterliche Burg im 16. Jahrhundert zu einem repräsentativen Familiensitz ausgebaut wurde, konnte jetzt nachgewiesen werden, dass bereits Mitte des 15. Jahrhunderts größere Umbauten erfolgten. "Holzfunde in den Schießscharten konnten dendrologisch auf das Jahr 1455 datiert werden", teilt Claudia Hennrich der MZ mit.

Und wie ist es um Beatrix bestellt, die Königin und Prinzessin von Oranien-Nassau? Die Einladung stehe, sagt Claudia Hacker, Leiterin der Stolberger Tourist-Information. Gehen alle Wünsche in Erfüllung, wird die 68-jährige Regentin im September nach Stolberg reisen, um Juliana und deren Harzer Renaissance zu feiern. Ein Beispiel, wie sich Erbepflege und Harz-Marketing aufs Festlichste vereinen.