Sensationsfund in Zschernitz Sensationsfund in Zschernitz: «Adonis» war vermutlich Fruchtbarkeits-Figur

Dresden/dpa. - Der bei Ausgrabungen in Sachsen entdeckte rund 7000 Jahre alte «Adonis von Zschernitz» diente vermutlich ebenso wie bereits bekannte Venus-Figuren der Zeit als Fruchtbarkeitssymbol. «Das Gemächte ist sehr deutlich und viel zu groß im Verhältnis zum Becken dargestellt», sagte Landesarchäologin Judith Oexle am Donnerstag bei der Präsentation des Sensationsfundes in Dresden. Der Torso wurde auf 5000 bis 4900 vor Christus datiert und ist damit die älteste männliche Tonfigur Mitteleuropas.
Das acht Zentimeter hohe vollplastische Fragment einer einst vermutlich gut 25 Zentimeter großen Figur ist vom Nabel bis über die Ansätze der Oberschenkel erhalten. Die Brüche sind alt, ebenso wie die abgeplatzte, jedoch erhaltene linke Gesäßhälfte, hieß es. «Die nackte Figur zeichnet sich durch eine außerordentliche anatomische Qualität in der Wiedergabe aus», sagte Oexle. Das Gesäß sei mit in den Ton geritzten Gravuren versehen, die Tätowierungen oder Bemalung repräsentierten.
Das und die eindeutig ausgebildeten Geschlechtsmerkmale wiesen deutlich darauf hin, dass das dunkelbraune Fragment Symbol für Fruchtbarkeit und Fortpflanzung war. «Bislang kennt man aus dieser Zeit nur weibliche Figuren.» Diese hätten jedoch einen schematisch geformten Körper. Der Fund stelle daher mit seiner in jener Zeit unüblichen anatomischen Präzision und Detailtreue alles bisher Bekannte in den Schatten.
Anhand von Fundkontext, Rohmaterial, Machart und Verzierung haben die Archäologen den sächsischen «Adonis» in die jüngeren Abschnitte der Linienbandkeramik etwa um 5000 vor Chr. datiert. Die Experten graben seit einem halben Jahr auf der Trasse einer Erdgasleitung nahe des Ortes Zschernitz. Auf verschiedenen Kreisgrabenanlagen gebe es Siedlungsfunde der älteren Jungsteinzeit, sagte Oexle. «Das war der Beginn der bäuerlichen Besiedlung in Sachsen.» Überreste dieser vorgeschichtlichen Kultur wurden schon im Dresdner Elbtal und der Lommatzscher Pflege geborgen.
Die Bandkeramik von etwa 5500 bis 4500 vor Chr. ist die älteste jungsteinzeitliche Kultur Mitteleuropas. Mangels Schriftfunden sei über die Menschen, ihre Sprache oder Religion dieser Zeit kaum etwas bekannt, teilte das Landesamt für Archäologie mit. «Sie waren gut organisierte Landwirte, sehr gute Handwerker und technisch versiert.» Davon zeugten drei im Freistaat gefundene Holzbrunnenbauwerke. «Die Menschen haben in festen, mit 25 bis 30 Meter Länge sehr großen Häusern gewohnt, wahrscheinlich mit den Vieh zusammen und in ganzen Dörfern.»
