Schwerin Schwerin: Gojko Mitic stellt sich einem klassischen Publikum

Schwerin/dpa. - Mit derRolle des Häuptlings Bromden in Dale Wassermans Psychiatrie-Drama«Einer flog über das Kuckucksnest» stellte sich der neben PierreBrice bekannteste Indianer-Darsteller im deutschen Film erstmalseinem klassischen Theaterpublikum - und wurde am Ende mit Bravorufenbelohnt. Die Premierengäste feierten Mitic und das Ensemble amFreitagabend mit minutenlangem Applaus.
In der Regie von Matthias Gehrt spielt Mitic einen am Niedergangseiner indianischen Welt und an zunehmender Fremdbestimmungverzweifelnden Häuptling. Er stellt sich taubstumm und ergibt sich,meist trübsinnig einen Besen vor sich herschiebend, in seinSchicksal. Widerstandslos erträgt er die Schikanen der Pfleger unddas menschenunwürdige Regime von Schwester Ratched (Anja Werner). InMonologen aus dem Off, die an seinen Vater gerichtet sind, beklagtBromden den Niedergang seines einst stolzen Volkes und die zunehmendeUniformiertheit, in der selbst dem Weihnachtsmann Bart und Bauchgenommen werden.
Erst der aufmüpfige Ganove McMurphy (Thorsten Merten, «HalbeTreppe»), der sich mit der Einweisung in die psychiatrische Klinikvor dem Gefängnisalltag drücken will, holt den Häuptling aus derselbst gewählten Isolation, bewegt ihn zum Sprechen und schließlichzur Flucht.
Mitic, der in Schwerin erstmals nicht im Film oder auf einerFreilichtbühne agiert, setzt mit dieser Rolle einen Kontrapunkt zuseinen bisherigen Figuren. «Das hier ist eine andere Qualität, eineandere Ebene», hatte er bei den Proben den Unterschied zu seinenbisherigen, eher aktionsgeladenen Rollen beschrieben. Im Kino oderals Winnetou-Darsteller bei den Festspielen in Bad Segebergverkörperte er stets edle, kraftvolle und meist siegreiche Helden.Einem Millionen-Publikum in der früheren DDR ist er noch als To-kei-ihto, Chingachgook, Ulzana oder Osceola aus zahlreichen DEFA-Indianerfilmen in Erinnerung.
Nun tritt er dem Publikum als gebrochener Mann entgegen, der erstzum Schluss zu sich selbst zurück findet. Im Gegensatz zu McMurphy,der am System scheitert, schafft er den Ausbruch aus der von Angstund Bevormundung geprägten Klinikwelt. Als Reminiszenz an diefrüheren Rollen des Indianerdarstellers macht sich Häuptling Bromdenin der Schweriner Inszenierung des Stücks nach dem gleichnamigenBestsellerroman von Ken Kesey mit einem Pferd auf den Weg in eineandere Welt.
Nach 15 erfolgreichen Jahren mit mehr als 1000 Aufführungen warMitic im vorigen Herbst bei den Karl-May-Festspielen ausgeschieden.Zu Beginn des Jahres 2007 verpflichtete ihn das Staatstheater inSchwerin für das «Kuckucksnest» und bewies damit eine gute Nase. Dassder in Serbien geborene einstige Sportlehrer noch immer Kultstatusbesitzt, zeigt das Besucherinteresse. Die ersten Vorstellungen warenlaut Theater schnell ausverkauft. Das Stück soll zunächst zweiSpielzeiten lang im Programm des Staatstheaters bleiben.
Einem großen Publikum wurde Wassermans Drama um die Normalität desWahnsinns und den Wahnsinn der Normalität vor allem durch dieVerfilmung von Milos Forman aus dem Jahr 1975 mit Jack Nicholson inder Rolle des McMurphy bekannt.