Schüler besuchen die Komische Oper Schüler besuchen die Komische Oper: Mozarts «Zauberflöte» mit Sprechblasen
berlin/MZ. - Sieht man vom plappernden Vogelmenschen Papageno mal ab, gibt es kaum echte Gründe für den Ruf der "Zauberflöte", besonders kindertauglich zu sein. Den Spitzenplatz in den ewigen Charts hält sie sowieso. Vor allem natürlich wegen Mozarts genialer Musik. Kann man sich bei den frauenfeindlichen Statements noch über deren naive Unverfrorenheit amüsieren, muss man allerhand an leicht verbrämter Freimaurer-Rhetorik schlucken. Ohne den Schikaneder-Text fürs Wiener Vorstadttheater ist der Weltmusiker Mozart eben nicht zu haben. Streicht man die Dialoge, fehlt etwas. Bleiben alle drin, kann es lähmend werden.
Die neue "Zauberflöte", die Intendant Barry Kosky gemeinsam mit der gefeierten, das erste Mal für die Oper arbeitenden britischen Theatergruppe "1927" als sein eigener Chefregisseur herausgebracht hat, bietet da einen pfiffigen Ausweg. Er erlässt seinen Sängern die nur selten gelingenden Sprechversuche und ersetzt die gesprochenen Texte durch Stummfilm- oder Comic-Blasen. Einschließlich "Hic" und "Kar-Booom!!!".
Überhaupt outet sich der flippige Australier diesmal als Cineast. Die Bühne von Esther Bialas ist eine Projektionswand mit ein paar verborgenen Drehtüren. Und das, was dort passiert, ist eine präzise Kombination aus realen Sängern und gebeamtem Trickfilm. Da singt seine Pamina (Maureen McKay) in einer Schneekugel. Da kriegen die drei Damen Namen (Tratsch, Klatsch, Schwatz) und ein Golden Twentie-Kostüm verpasst. Da kommt Papageno (Dominik Köninger) im Buster Keaton-Outfit mit Kater (auch so ein Vogelfänger) daher. Da schwingt sich die Königin der Nacht (Beate Ritter) nicht nur mit ihren Koloraturen in die höchsten Höhen auf - dort ist auch ihr Kopf platziert. Den Rest füllen gefährlich wirkende Spinnenbeine.
Das ist nicht nur ziemlich frisch und kurzweilig, sondern auch neu.
Gerade bei dieser speziellen "Zauberflöte" liegt die Frage auf der Hand, ob das auch beim potenziellen Opernnachwuchs funktionieren würde. Bei der Antwort muss sich niemand aufs (Ja)-Hoffen oder (Nein)-Fürchten verlassen. Es gab bereits die Probe aufs Exempel: Das Bitterfelder Europa-Gymnasium "Walther Rathenau" hatte für die Vormittagsvorstellung am Montag nämlich kurzerhand die komplette Komische Oper gebucht und gefüllt! Und es hat funktioniert. Von wegen, die heutige Jugend sei nicht mehr in der Lage, ein paar Stunden aufmerksam einem Opernklassiker zu folgen. Kann sein, dass sich der eine oder andere gelangweilt hat. Aber Mozart (den der Henrik Nánási temperamentvoll dirigierte) und die flippige Inszenierung sorgten für spannungsvolle Ruhe im Saal, ohne dass die Lehrer dauernd "pst" machen mussten. Das kam höchstens als Sprechblase auf der Bühne vor. Die Bitterfelder machen so was aller zwei Jahre, waren schon in der Dresdner Frauenkirche und in der Magdeburger Oper. Respekt! Immerhin hat jetzt jeder Schüler die Oper von innen gesehen und kann mit Kompetenz entscheiden, ob er es lässt oder wieder hingeht. Nachahmung ist empfohlen!
Demnächst: 8., 14., 22. und 26. Dezember, jeweils 19.30 Uhr