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Schriftstellerin Schriftstellerin: Mit weißem Segel nach Serimunt

Von Christian Eger 25.10.2005, 19:31
Blumen für die Dame: Autorin Daniela Danz geehrt (MZ-Foto: Günter Bauer)
Blumen für die Dame: Autorin Daniela Danz geehrt (MZ-Foto: Günter Bauer) CARDO

Halle/MZ. - Serimunt, dem nach der Völkerwanderung vonSorben und Wenden besiedelten Landstrich,eingegrenzt von Saale, Elbe, Mulde und Fuhne.Ein rätselhafter Name: Denn was soll er bedeuten?Und eine große Landschaft, deren topografischeSchrumpfform der Landkreis Köthen wäre. Undderen lebendig-kultureller Ausdruck heutedie Lyrik und Prosa der halleschen SchriftstellerinDaniela Danz ist.

Mensch und Mythos

Am Dienstagabend wurde der 29-jährigenKunsthistorikerin der mit 5000 Euro dotierteFörderpreis für Literatur des Landes Sachsen-Anhaltüberreicht: im großen Saal des neuen theaters,unter einem baldachin-artig aufgehängten großenweißen Segeltuch. Aber es ist sicherlich nichtdie junge Autorengeneration, die hierzulandekulturell und politisch die Segel strecktoder - wenn uns dieses Tuch das etwa bedeutensollte - die weiße Flagge hisst. Die so selbstverständlichewie selbstbewusste Weise, mit der sich inden Arbeiten der bei Eisenach geborenen AutorinPoesie und Landschaft, Mythos und Alltag ineinanderverwickeln, ist für Sachsen-Anhalt schlichtein Glücksfall zu nennen. Stets regional pointiertund frei von Scheu vor einem Pathos, das schnellmal ins Süßliche oder Kindliche kippen kann.So eine Schreibweise, die ja Daniela Danzals eine Haltung lebt, ist aber durchaus auchtapfer zu nennen.

Zwei Gedichtbände hat die Autorin, die Muttereiner vierjährigen Tochter ist, bislang veröffentlicht:"Arachne" (2002) und "Serimunt" (2005). Büchermit sprechenden Namen. Arachne ist im griechischenMythos eine junge, hochbegabte Weberin, dieAthene zu einem Webwettbewerb herausgeforderthat, den sie der Göttin etwas zu auftrumpfendgewann, woraufhin Athene das schöne Kind ineine Spinne verwandelte. In ihrem Prosagedicht"Arachne" lässt Daniela Danz das Mädchen sprechen:"...etwas von innen hat mich getrieben/ ichwill versuchen diesen gedanken zu ende zubringen/ ich werde eine andere sein danach/ich mache mich angreifbar sagen sie als obdas noch zählt/ ich habe begonnen/ du hastbegonnen spinne".

Netz der Spinnenfrau

Das hat selbstverständlich sehr viel mitLiteratur zu tun: Wie da etwas losgeht, etwaskann und will. Man könnte verallgemeinern,dass "Arachne" bei Daniela Danz die Poetik(das lustvoll und quer-weltein Vernetzen)meint und "Serimunt" den Stoff: Mensch undMythos in seiner Landschaft. Die Autorin selbstspricht von "Zentraler Provinz", so heißtauch eines ihrer Gedichte: "Wenn es Sommerwäre, sähe man was man weiß/ Aufgegebenesund Abriß/ nach der Pappelreihe/ die Fabrikbrache/endet der Satz den die/ Dagebliebenen buchstabieren".Es sei eigentlich nicht viel, was sie da mache,sagte Daniela Danz in ihrer gern gezielt anrührendenDankesrede, denn alles sei "schon da". Nurmuss es eben gesehen werden: Serimunt jedenfallswar aus dem kollektiven Bewusstsein bereitsfast verschwunden.

Und sonst? Literaturpreisverleihung ist, wennder Staat dem Volk den Sekt gratis einschenkt,das Bier aber bezahlt werden muss. Wenn sichdie Tische so unter der Büffetlast biegen,als sollte Sachsen-Anhalt für einen Zug durchdie Wüste gerüstet werden. Wenn es artigeGrußreden von Stadt (Ingrid Häußler), Land(Jan-Hendrik Olbertz) und Literatur (WernerSöllner, Frankfurt am Main) gibt, aber keineBücher der Ausgezeichneten. Dafür gibt esalso das neue Förderkreis-Lexikon "Schriftstellerin Sachsen-Anhalt 2005": nunmehr 140 Personenauf 381 Seiten.

Präsentation der Literaturzeitschrift"Ort der Augen": Es liest u. a. Daniela Danz.Kulturinsel, Halle, Freitag 18 Uhr.