Dichterin aus Halle Schriftstellerin Elke Erb: Wie sich die Dichterin gegen das DDR-Regime sträubte

Halle (Saale) - Volker Braun nannte sie 1985 „die Erbin“, verspottete sie als „unsere Flip-Out-Elke“, die sich der nachwachsenden Generation der Prenzlauer-Berg-Dichter andiene, den Lyrikern um Bert Papenfuß, Sascha Anderson und Stefan Döring, die von den offiziösen DDR-Lyrikern nichts mehr lesen wollten. Außer von dieser: Elke Erb, die aber nie eine „DDR-Schriftstellerin“ war.
Die 1985 von ihr gemeinsam mit Sascha Anderson im Westen veröffentlichte Lyrikanthologie „Berührung ist nur eine Randerscheinung“ war auch eine Befreiungstat.
Das Buch sammelte jüngere ostdeutsche Stimmen, die Braun als „unsere vermeintlichen Neutöner“ abtat, „wohl gute Anschaffer, die fleißig auf den Putz hauen. Hucker nicht Maurer.“
Schriftstellerin Elke Erb aus Halle: Bedeutendste deutschsprachige Dichterin ihrer Generation
Über Brauns Attacke konnte Elke Erb nur lachen. Er hatte es nicht überblickt, sagte sie Ende der 1990er Jahre der MZ. „Nur gesehen, da läuft jemand aus dem Zaumzeug raus.“
Ihr hingegen hatte die Einheit von Sozialem, Politischen und neuer Sprache sehr gefallen, ein Aufbruch, ein Vergnügen, das sie sonst nur bei dem 2005 gestorbenen Dichter Thomas Kling gefunden hatte.
Das „aus dem Zaumzeug“ entwischen ist ein Lebensimpuls der Schriftstellerin Elke Erb, die an diesem Sonntag 80 Jahre alt wird und die gemeinsam mit Friederike Mayröcker zu den bedeutendsten deutschsprachigen Dichterinnen ihrer Generation gehört.
Dichterin Elke Erb feiert 80. Geburtstag: Sie kam „vom Regen in die Jauche“
Geboren in der Eifel, wuchs sie mit zwei Schwestern seit 1949 in Halle - am Rand des Paulusviertels - auf als Tochter des marxistischen Literaturwissenschaftlers Ewald Erb.
Sie wurde ins Lehrerstudium an der Universität Halle genötigt, für sie eine „Schreckensvorstellung“. Nach dem Studium entkam sie als Lektorin in den Mitteldeutschen Verlag.
In diesem Fall, um Wolf Biermann zu zitieren: „vom Regen in die Jauche“. Nach dem ersten Jahr kam sie in die Nervenklinik, nach dem zweiten auch, dann kündigte sie.
Schriftstellerin Elke Erb verlässt Halle wie ein brennendes Haus
Was sie gestört hatte? „Das Sinnlose“, sagte Elke Erb. „Ich wollte eigentlich leben - und dann haben die solche unsinnigen Manuskripte gedruckt. Es war ein Parteiverlag.“
Immerhin lernte sie ihren späteren Ehemann, den Dichter Adolf Endler kennen, und eine Kollegin wie Sarah Kirsch. Die Stadt Halle, der Elke Erb „thronende Unterlegenheit“ attestierte, verließ sie 1965 wie ein „brennendes Haus“ nach Berlin, wo sie im Wedding lebt.
Hallesche Dichterin Elke Erb: Was Sprache für sie so wichtig macht
Für Elke Erb ist Lyrik „arbeitendes Bewusstsein“, Sprache ein lebendiges Ding, keine Spielerei. Es kommt für sie weniger darauf an, worüber, sondern sehr konkret wie man über etwas schreibt: mit welchen Worten, Sichten, Sätzen, welcher Neugier, Heiterkeit, Präzision.
Elke Erb folgt dem Prozesshaften des Schreibens, das keine Grenze zum Alltag hat. Ihre mehr als 30 Bücher tragen Titel wie „Einer schreit: Nicht!“, „Der Faden der Geduld“, zuletzt „Sonnenklar“. Denn klarer, spielerischer, sagt Elke Erb, werde ihrer Sprache immer noch. (mz)