Schauspielerin Schauspielerin: Eine Stadt ehrt Marlene Dietrich

Berlin/dpa. - Mit «Marlene go Home»-Rufen beschimpften die Berliner MarleneDietrich 1960, als sie erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg wieder inDeutschland auftrat. Für viele galt die bereits 1930 in die USAemigrierte Schauspielerin als «Vaterlandsverräterin», die an derSeite der Amerikaner gegen ihr eigenes Vaterland kämpfte und die US-Soldaten an der Front mit kessen Liedern unterhielt. «Das warHassliebe. Die liebten mich, und die hassten mich», beschrieb MarleneDietrich ihr Verhältnis zu den Deutschen einmal.
Der Senatsvertreter sprach der in Berlin-Schöneberg geborenenSchauspielerin für ihr Verhalten gegenüber den Nazis, die sievergeblich für ihre Zwecke einzuspannen versuchten, Respekt aus. Siehabe den steinigen Weg der Emigration gewählt. «Das wahre Deutschlandhat sie nicht verraten.» Marlene habe sich mit denen verbündet, diegegen die Barbarei kämpften.
Erst neun Jahre nach ihrem Tod scheinen die Berliner nun endgültigmit dem deutschen Weltstar versöhnt zu sein. Lange genug hat esgedauert. Marlenes Wunsch, in ihrem Heimatbezirk Berlin-Schönebergbeerdigt zu werden, war vielen Menschen noch nicht genug Bekenntniszu Deutschland. Jahrelang gab es anschließend Streit um die Benennungeiner Straße nach dem Star. Erst 1997 wurde ein zentraler Platz imneuen Potsdamer-Platz-Viertel nach Marlene Dietrich benannt. Das LandBerlin kaufte 1993 ihren Nachlass an.
An ihrem 100. Geburtstag versammelten sich allerdings nur wenige,teils aus dem Ausland angereiste Fans. Bundespräsident Johannes Rauwürdigte Marlene als herausragende Künstlerin und ließ einen Kranzniederlegen. Musicalstar Ute Lemper brachte Rosen und meinte:«Marlene Dietrich war DIE deutsche Frau des letzten Jahrhunderts. Eswurde Zeit, dass Berlin sich entschuldigt.» Berlins RegierenderBürgermeister Klaus Wowereit (SPD) erinnerte an die Diva alskonsequente und starke Persönlichkeit. «Ich bewundere ihrekompromisslose Ablehnung des Nationalsozialismus», teilte Wowereitmit. «Wo immer sie auch lebte, blieb sie im Herzen eine Berlinerin.»
Die Hauptstadt gedenkt mit zahlreichen Ausstellungen, Shows undeiner großen Gala des Hollywoodstars. Bei einer Geburtstagsfeier imFilmmuseum Berlin sollten am Abend erstmals Privat-Filme von MarleneDietrich mit ihrem Mann Rudolf Sieber, ihrer Tochter Maria undLiebhabern wie Jean Gabin und Erich Remarque gezeigt werden. «Mansieht Marlene da beim Stricken und im Liegestuhl, aber auch beiParties - da macht sie immer gleich eine Pose», sagte der Leiter derMarlene Dietrich Collection, Werner Sudendorf.
Im Berliner Friedrichstadtpalast interpretieren am Freitag bei deroffiziellen Geburtstagsgala Stars wie Ute Lemper, Angelica Domröse,Katja Riemann, Joy Fleming und Meret Becker berühmte Marlene-Lieder.Im Renaissance-Theater steht am Geburtstag Judy Winter zum 375. Malals Marlene auf der Bühne, im Hebbel-Theater erinnern Cora Frost undUlrich Noethen mit Liedern an die Diva.
Nach langen Jahren der selbst gewählten Isolation war «dieDietrich» am 6. Mai 1992 vereinsamt in ihrer Pariser Wohnunggestorben. Die Gerüchte über einen angeblichen Freitod mitSchlaftabletten seien schon uralt, sagte Sudendorf am Donnerstag derdpa. «Das ist spekulativ. Marlene hatte ihren zweiten Schlaganfallund wollte vielleicht nicht ins Altenheim, vielleicht ist sie aberauch einfach so gestorben.»