Ruppiger Charme: Boss Hog sind zurück

Berlin - Sie sind ein raues Glamour-Paar des US-Indierocks: Cristina Martinez (44) und Jon Spencer (51), seit einer halben Ewigkeit ganz bürgerlich miteinander verheiratet, aber alles andere als spießig. Gemeinsam bilden sie den Kern von Boss Hog.
Die Ende der 80er Jahre gegründete New Yorker Punk-Blues-Band um die coole Sängerin und den ebenso coolen Gitarristen hat nach langer Pause ein neues Album draußen. Und „Brood X” (Bronzerat) ist - wie seine drei Vorgänger seit 1990 - ein ruppig-charmantes Gemisch aus laszivem Sprechgesang, heftig verzerrten E-Gitarren und treibenden Grooves. Gegenüber dem etwas polierteren letzten Lebenszeichen von Boss Hog, „Whiteout” (2000), klingt das neue Album eine Spur noisiger und provozierender.
Jens Jurgensen (Bass), Hollis Queens (Schlagzeug) und Mickey Finn (Keyboards) komplettieren das aktuelle Line-up der Band, die für ihren Frontmann seit langem ein Nebenprojekt der Jon Spencer Blues Explosion ist. Im Boss-Hog-Konzert überlässt der Gitarrist jedoch seiner Frau gern einen Großteil der Bühne, auf die er irgendwann sogar ein Bett zum Herumräkeln schiebt. Und Martinez nutzt den Raum - am Ende sogar beim Stagediving auf einer Matratze. So geschehen beim „Rolling-Stone-Weekender”-Festival im vorigen November.
Wie schon angedeutet: Boss Hog sind eine zwar nicht mehr ganz junge, aber immer noch lustvoll-energiegeladene Band, man spürt auch in den neuen Aufnahmen das erotische Knistern zwischen Martinez und Spencer, etwa im mehrdeutigen „Formula X” oder in der abschließenden (einzigen) Ballade „17”. Die zehn Songs in der Tradition von The Velvet Underground, den B-52s, Blondie oder Television sind klassischer Big-Apple-Underground-Rock - inzwischen irgendwie Retro, aber das schmälert den Spaß ja nicht. (dpa)