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Roman Roman: Zug um Zug ein neuer Mord

Von PETRA PLUWATSCH 23.09.2011, 19:13

KÖLN/MZ. - Eine alte Dame wird tot in ihrem Bett aufgefunden. Herzversagen, diagnostiziert der eilig herbeigerufene Notarzt. Elisabeth Kranz-Singer war schließlich über 90 Jahre alt. Was sonst, wenn nicht die Schwäche ihres eigenen Körpers soll die gebürtige Ungarin umgebracht haben? Natürlich irrt sich der Notarzt. Elisabeth Kranz-Singer ist ermordet worden - zwei nadelfeine Einstiche eine Handbreit unter ihrem linken Schulterblatt sind der Beweis dafür. Und schon stecken wir bis über beide Ohren in einem komplizierten Kriminalfall, der mitten in Köln spielt.

"Backgammon" heißt der knapp 400 Seiten starke Debütroman von Hedwig Neven DuMont, und er hat alles, was zu einem anständigen Start ins Krimigeschäft dazugehört: mehrere arme Opfer, einen reichlich durchgeknallten potenziellen Täter, ein sympathisches Ermittlerteam und eine Liebesgeschichte, der wir alles Gute für die Zukunft wünschen.

Die Kölner Kommissarin Clara, eine Nachbarin von Elisabeth Kranz-Singer, bringt die Ermittlungen ins Rollen. Die beiden Frauen standen sich trotz des großen Altersunterschiedes zwischen ihnen nahe. Jayja, wie Clara die alte Dame zärtlich nennt, war wie eine Großmutter für die junge Frau. Und doch muss Clara schnell feststellen, dass sie nur wenig weiß über die Vergangenheit ihrer geliebten Jayja. Woher stammte sie? Welche Verbindungen hatte sie nach Chile in Südamerika? Und warum bekam sie nie Besuch? Mit Hilfe ihres Freundes und Kollegen Michael kommt Clara allmählich dem Geheimnis ihrer Nachbarin auf die Spur. Ein Zettel, auf dem Jayja einige Backgammon-Spielzüge notiert hat, helfen ihr weiter. Da geschieht der nächste Mord.

Parallel dazu wird die Geschichte eines geheimnisvollen Unbekannten erzählt. Jeden Morgen bindet er sich vor dem großen Spiegel an der Innenseite der Badezimmertür seine Krawatte. Jeden Tag ist es eine andere. Er streicht sich mit der Bürste durchs Haar und füttert die Katze. Ein Schälchen Milch, eine Scheibe Schinken für das Tier. Dann verlässt er das Haus, ein Kontrollfreak und Pedant, mit dem man irgendwann Mitleid bekommt.

Wer er ist und welche unheilvolle Rolle er im Leben von Jayja gespielt hat, erfährt der Leser erst nach und nach. Vieles kann er sich kombinieren, anderes ist eine große Überraschung. Und mancher Anfangsverdacht geht, wie bei jedem guten Krimi, ins Leere. Die Lösung des Rätsels um den Tod Jayjas liegt weit zurück in der Vergangenheit von Opfer und Täter.

Hedwig Neven DuMonts Thema ist das einer tiefen Verletzung, die sich in Gewalt entlädt und viele Jahre später weitere Gewalttaten nach sich zieht. Das liest sich spannend, zumal die Autorin manch falsche Fährte legt. Eingebettet in den Kriminalfall wird die Entstehung eines großen Sozialprojekts für benachteiligte Jugendliche erzählt. Geschickt nutzt Hedwig Neven DuMont die Kriminalstory, um auf die oft verzweifelte Situation junger Obdachloser in Köln aufmerksam zu machen und gegen Vorurteile anzugehen. Das ist ein ehrenwertes Anliegen, von dem auch ihre Leser profitieren. Sie bekommen quasi zwei Geschichten in einem Buch erzählt.