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Das wilde Leben ist zu Ende Puhdys-Bassist Harry Jeske ist tot

Von Steffen Könau 21.08.2020, 16:06
Harry Jeske, Aufnahme von 1997
Harry Jeske, Aufnahme von 1997 dpa

Halle (Saale) - Immer weiter rocken, immer weiter quer durchs Land, 80 Mal im Jahr, manchmal 100 Mal. Harry Jeske, der Puhdy mit der Lockenmähne, hatte mit 59 genug davon. Von wegen „bis zur Rockerrente“, die dann doch nie kommt.

Jeske, der schon bei den Puhdys den Bass bedient hatte, als die später erfolgreichste Band der DDR noch „Udo-Wendel-Combo“ hieß, wollte 1997 nicht mehr. Gemeinsam mit seiner Frau Erma zog der gelernte Fliesenleger nach Maribago auf der philippinischen Insel Mactan.

Bilder aus dem Exil zeigten den schnauzbärtigen Musiker, dessen Vorname den 1969 gegründeten Puhdys das „H“ spendierte, vor Palmen und blauem Meer. Jeske war ein glücklicher Pensionär, bereit, den Nachruhm still zu genießen und sich nicht mehr auf endlosen Touren mit kaputtem Gehör und Diabetes herumzuplagen.

Harry Jeske stieg mit 59 Jahren bei den Puhdys aus

Die neue Heimat bot „nette Menschen, keine Kriminalität und für eine Mark 15 Brötchen“, wie der zeitlebens als Schlitzohr geltende gebürtige Oranienburger damals der MZ erzählte.

Wildes Leben war genug gewesen, wie Jeske in seinem Buch „Mein wildes Leben und die Puhdys“ beschrieb. Die DDR mag klein gewesen sein, die Puhdys aber schafften eine große Karriere, die nichts ausließ, was zum Rock’n’Roll gehört.

Harry Jeske spielte nicht nur fast 30 Jahre den Bass in der Band, die mit mehr als 20 Millionen verkauften Platten auf Augenhöhe mit den Ärzten, den Toten Hosen und Rammstein steht. Er war auch der Strippenzieher und Organisator, der für das Quintett mit Sänger Dieter „Maschine“ Birr, Gitarrist Dieter Hertrampf, Keyboarder Peter Meyer und Schlagzeuger Klaus Scharfschwerdt die technische Ausrüstung beschaffte, um auf Weltniveau rocken zu können.

Puhdys-Bassist Harry Jeske stirbt mit 82 Jahren

Jeskes Talent als Komponist war bei den Puhdys weniger gefragt. Dennoch gelang ihm mit dem „Lied für Generationen“ einer der Klassiker der Gruppe - und später, als der Ruhestand ein wenig langweilig wurde, sprang sogar noch eine Sammlung von Solo-Songs heraus, bei denen der 70-Jährige selbst sang.

Den zweiten Ruhm seiner Ex-Band verfolgte Harry Jeske auch nach seiner Rückkehr nach Deutschland aus der Entfernung. Gemeinsam mit seiner Frau war er zurück nach Wismar gezogen, ans Meer, in die frische Luft. 2016, als die alten Kollegen das 50. Bandjubiläum feierten, erschien er im Rollstuhl. Am Donnerstag ist Harry Jeske gestorben. Er wurde 82 Jahre alt. (mz)