Porträt Porträt: Harold Pinter - Vom Schauspieler zum Dramatiker
Berlin/ddp. - Vor gut drei Jahren, im Oktober 2005, hatte derbritische Dramatiker Harold Pinter gleich doppelt Grund zum Feiern:Erst wurde er 75 Jahre alt, und nur drei Tage später sprach ihm dasschwedische Nobelpreiskomitee den Literaturnobelpreis zu. Pintererhalte die Auszeichnung, weil er in seinen Werken «den Abgrund unterdem alltäglichen Geschwätz freilegt und in den geschlossenen Raum derUnterdrückung einbricht», hieß es damals zur Begründung. Der Autorhat für Theater, Radio, Fernsehen und Kinofilme geschrieben. Vieleseiner frühen Werke werden dem Absurden Theater zugerechnet. AnHeiligabend starb Pinter im Alter von 78 Jahren an den Folgen einerKrebserkrankung.
Pinter wurde am 10. Oktober 1930 in London als Sohn einesjüdischen Schneiders geboren. Seine Familie war von Portugal überOsteuropa nach England gekommen. Ab 1948 studierte er mit einemStipendium an der damals bekanntesten Schauspielschule des Landes.Das Studium brach er allerdings nach einigen Semestern ab undverweigerte auch den Wehrdienst. Nach anfänglichen Erfolgen alsSchauspieler debütierte Pinter 1957 als Dramatiker mit «The Room».
Das frühe Drama «The Birthday Party» wurde später eines seinermeistgespielten Stücke. Seinen endgültigen Durchbruch erzielte er1959 mit «The Caracter». Pinter wurde zu einem der führendenDramatiker im englischsprachigen Raum. In seinem 29 Dramenumfassenden Werk machte er die Existenzangst des Individuums zu einemHauptthema.
Die ausgefeilten Einakter von Pinter gerieten im Laufe der Zeitimmer kürzer und nur noch als Sammelaufführungen abendfüllend. Nur 20Minuten benötigte das 1988 in London uraufgeführte politische Stück«Mountain Language». 1993 wurde mit «Moonlight» nach langer Pausewieder ein abendfüllendes Pinter-Stück uraufgeführt. Peter Zadekinszenierte 1995 die deutsche Erstaufführung dieser verästeltenGroteske.
In Deutschland ist Pinter vor allem mit seinen Dramen bekanntgeworden. In den vergangenen Jahren erschienen von ihm «Krieg»,«Mondlicht und andere Stücke» sowie der Roman «Die Zwerge».
Ab Mitte der 80er Jahre entwickelte sich Pinter auch zu einempolitischen Autor. Er wandte sich in Gedichten und Essays unteranderem gegen die Sozialpolitik der englischen PremierministerinMargret Thatcher. Auch den Golf-Krieg und den Einsatz der NATO inSerbien prangerte er an. Für seine Protestverse gegen den Irak-Kriegund die Weltmachtpolitik der USA, die 2003 in dem Buch «War»erschienen waren, wurde er mehrfach ausgezeichnet. Im März 2005kündigte Pinter an, dass er in Zukunft keine Bühnenstücke mehrschreiben und sich stattdessen mehr der Lyrik und der Politikzuwenden wolle.
Pinter werde als hervorragendster Vertreter des englischen Dramasin der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eingestuft, schrieb dasNobelkomitee. Seine Stellung als moderner Klassiker werde dadurchveranschaulicht, dass er eine gewisse Stimmung und ein gewissesMilieu in Theaterstücken beschreibe, nämlich «pinteresk».
Als einige der stärksten Dramen des Briten gelten Stücke wie «Onefor the Road» von 1984, «Mountain Language» von 1988 und «The NewWorld Order» von 1991. Zu den bekanntesten Filmen, deren DrehbücherPinter schrieb, gehören «The Servant», «The Accident», «TheGo-Between» und «The French's Lieutenant's Woman». Daneben machte ersich als Bühnen- und Filmregisseur einen Namen.
Pinter war in zweiter Ehe mit der Schriftstellerin Lady AntoniaFraser verheiratet. Aus seiner ersten Ehe hatte er einen Sohn.