Porträt Porträt: Eva Strittmatter wird 80

Berlin/dpa. - Die Dichterin, die am Montag (8.2.) 80. Geburtstag feiert, trat mit einemeigenständigen Werk aus dem Schatten des erfolgreichen RomanautorsErwin Strittmatter (1912-1994) heraus. Ihre Bücher erreichten eineAuflage von mehr als zwei Millionen Exemplaren. Die treuesteLeserschaft hat sie dort, wo sie ihr Leben verbringt: zu Hause imOsten. «Die Ostdeutschen sind mit mir mitgegangen von Anfang an»,sagt Strittmatter im dpa-Gespräch. «Sehr erfreulich» findet sie es,dass ihre Texte heute auch im Westen Deutschlands gelesen werden.
Allein mit der Rolle der Ehefrau und Gefährtin von SchriftstellerErwin Strittmatter («Der Laden») mochte sich die Germanistin undLektorin nicht bescheiden. Nachdem sie zuerst mit Kinderbüchern inErscheinung tritt, entdeckt sie mehr und mehr ihre Lust am Schreibenvon Versen. Es ist der «innere Zwang», der sie antreibt, denn Zeithat sie dafür eigentlich nicht. In einem Zweizeiler bekennt sie: «Ichwürde meine Kinder Steine essen lassen. Nur um zwei Worte zu Papierzu bringen.»
Als ihr erster Gedichtband «Ich mach ein Lied aus Stille»erscheint, ist sie über 40. Dem «Akt der Selbstbefreiung» folgen elfweitere Bände mit gleichermaßen poetischen Titeln wie «Mondschneeliegt auf den Wiesen» (1975), «Heliotrop» (1983), «Unterm wechselndenLicht» (1990) oder «Der Winter nach der schlimmen Liebe»(2005). NeueGedichte aus vier Jahrzehnten versammelt der im vergangenen Jahrvorgelegte Band «Wildbirnenbaum».
Dichten heißt für Eva Strittmatter lebenslange schonungsloseSelbstbefragung, ohne den Leser dabei draußen zu lassen. Dieschlichte Ehrlichkeit, mit der sie über Verletzungen, Hoffnungen undÄngste, Glück, Liebe und Freundschaft, Krankheit und Tod spricht,geht unter die Haut. Wundersam lebendig und einfach schön sind ihreNaturbeschreibungen, die nach «Wind und Regen schmecken», wieSchriftstellerfreund Hermann Kant lobt.
Eine Bilanz über Höhen und Tiefen ihrer spannungsvollenKünstlerehe liefert ihr in Gesprächen aufgezeichnetes Erinnerungsbuch«Leib und Leben» (2008). Die Lebensumstände in ländlicherAbgeschiedenheit auf dem Schulzenhof in Dollgow (Brandenburg) - sielebt bis heute dort - zwischen Haushalt und vier Kindern und derArbeit ihres Mannes habe sie mitunter verwünscht.
Andererseits verdanke sie «dieser Existenz, diesem Druck», diewesentlichen Gedichte, meint sie im Rückblick. Mitte der 50er Jahrewaren die Strittmatters von Berlin aufs Land gezogen. Gegen dasSchicksal einer Bauersfrau auf Lebenszeit, wie sie sich ihr Mannvorstellte, rebellierte die 18 Jahre jüngere Eva heimlich mit ihrenGedichten. Erst Freunde überredeten sie zu einer Veröffentlichung.Nach dem Tod ihres Mannes 1994 widmete sich Eva Strittmatter derweiteren Herausgabe seines umfangreichen Werks.
«Mit dem Alter muss man sich auf Situationen einstellen und nichtmit ihnen hadern», meint Strittmatter. Längere Krankheit hat sie inden Rollstuhl gezwungen. So musste sie auch ihre Teilnahme an einerMatinee ihr zu Ehren im Deutschen Theater in Berlin absagen. An ihremGeburtstag sei sie jedoch darauf eingerichtet, auf dem Schulzenhof«viele Menschen zu sehen».