Pop Pop: Madonna kehrt mit neuem Album in die Disco zurück

Hamburg/dpa. - Wummernde Bässe, die Möbel und Fenster zum Vibrieren bringen,Riesenwellen von Computer-Streichern und ansteckende Beats bringendabei wohl jeden dazu, irgendwann zumindest mit dem Fuß zu wippen.Wüsste man allerdings nicht, dass es Madonna ist, die da singt, würdeman bei vielen der Titel eher nicht darauf kommen - sie klingen wievieles andere, was in Clubs oder Modeläden so aus den Lautsprecherndringt.
Das Geschäft ist härter geworden für Madonna. Die Zeiten, da siedie unangefochtene Stil-Ikone war, die über In und Out bestimmte undmit einem einzigen Auftritt einen Mode-Trend auslösen konnte, sindVergangenheit. Bei den jungen Plattenkäufern gelten jüngereKonkurrentinnen wie Gwen Stefani oder Beyoncé als cool. Madonna istzwar immer noch eine Instanz, wie ihre ausverkaufte «Re-Invention»-Tour im vergangenen Jahr zeigte, doch irgendwie schon eher die Queen-Mum des Pop denn eine ganz heiße Nummer von heute. Und spätestensseit dem peinlichen Film-Flop «Swept Away» unter der Regie ihres zehnJahre jüngeren Mannes Guy Ritchie mischte sich zudem immer häufigerdas Schmerzhafteste für eine alternde Diva zum üblichenMediengebrabbel dazu - Spott.
Für die Rückkehr hat sich Madonna das Terrain ausgesucht, auf demfür sie in den 70er Jahren alles begann - die Tanzfläche. Die neue CDist ein perfektes Dancefloor-Album, das man von Anfang bis Endedurchtanzen kann, die meisten Songs gehen ohne Pausen in einanderüber, wie von einem DJ gemixt.
Auf der Strecke bleibt dabei allerdings ein zentrales Element desGesamtkunstwerks Madonna - die Provokation. Man wird nie herausfindenkönnen, ob sie ihre große Karriere mehr der Musik oder dem Aufsehenum ihre polarisierenden Auftritte verdankt. In den 80er Jahrenerzürnte sie mit dem Video zu «Like A Prayer» die katholische Kirche.In den 90ern schockierte sie das prüde Amerika mit ihrerFreizügigkeit im Bildband «Sex». Unvergessen bleibt auch ihr langerBühnen-Kuss mit Britney Spears.
Als noch vor zweieinhalb Jahren das Vorgänger-Album «AmericanLife» erschien, musste Madonna «aus Respekt für die Soldaten» imIrak-Krieg das kriegskritische Video zurückziehen, in dem sie unteranderem Granaten-Attrappen bei einer Modenschau warf. In den Textenzweifelte sie den amerikanischen Traum an und vom Cover blickte siein Gestalt des kubanischen Revolutionärs Che Guevara. Sie sang überden Tod ihrer Mutter und die Liebe zu ihren Kindern und wirkte reiferdenn je.
Die neuen Songs sind glatt und ohne Kanten, handeln zumeist vonLiebe, der Sound ist tanzfreundlich geglättet. Erst zum Schluss, imletzten Titel «Like It Or Not» kommt unverkennbar die trotzigeMadonna durch. «Never Gonna Stop Me», sie sei nicht aufzuhalten,singt sie - und das glaubt man ihr auch. Schließlich bewies siegerade erst Mumm und ließ sich nicht durch den Reitunfall stoppen,bei dem sie sich an ihrem Geburtstag Mitte August drei Rippen, dasSchlüsselbein und eine Hand brach. Trotz der Blessuren stand sieschließlich pünktlich auf der Bühne, um die mit Fragmenten von ABBAs«Gimme, Gimme, Gimme» versetzte Single «Hung Up» vorzustellen - undmachte dabei wie immer eine gute Figur.