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Polarkreis 18 Polarkreis 18: Klirrende Kälte und unendliche Weite

Von Anne Gottschalk 21.11.2008, 08:52

Dresden/dpa. - Das ist das Erfolgsgeheimnis der sechs jungen Musiker, die seit sechs Wochen die deutsche Chart-Spitze mit ihrer Single «Allein Allein» besetzen. Das aktuelle Album «The Colour of Snow» liegt auf Platz 23 der Longplay-Charts. Millionen sahen die Musikvideos im Internet. Die Ex-Schülerband spielte zehn Jahre erfolglos in einer Garage, bevor sie das aktuelle Album in den Pop-Himmel katapultierte.

Die Musiker Felix Räuber (Gesang), Philipp Makolis (Gitarre, Klavier), Silvester Wenzel (Klavier, Elektronische Sounds), Uwe Pasora (Bass), Christian Grochau (Schlagzeug) und Ludwig Bauer (Klavier, Gitarre) sind 24 und 25 Jahre alt und haben 2003 zusammen Abitur gemacht. «Die Zukunftsmotive waren unklar, aber eine Alternative zur Musik hat es nie gegeben», sagt Räuber. Fast alle Bandmitglieder sind Autodidakten, nur Gitarrist und Schlagzeuger hatten Unterricht. «Aber wir sind dilettantische Perfektionisten.»

An ihrem Stil hat die Band lange gefeilt. Prägend war das Album «13» von Blur. «Vorher haben wir alles ausprobiert von Punk bis Schrammelrock», erzählt Räuber. Mit dem musikalischen Umbruch veränderte sich im Jahr 2000 auch die Stimme der Band. Räuber versuchte sich im hohen Falsett-Gesang, inspiriert von den 80er Jahre Hit-Giganten Freddie Mercury und a-ha. Infolgedessen passierte aber erstmal nichts. Die Dresdner verschickten unter ihrem damaligen Namen Jack of all Trades 300 Demos an diverse Label. «Ohne Resonanz.»

An der großen Chance im Jahr 2006 ist die Band dann fast zerbrochen. «Es gab große Auseinandersetzungen, ob wir an einem Talent-Wettbewerb teilnehmen sollen», erzählt der Sänger. Polarkeis 18 gewann den Contest in Berlin, wenig später den F6-Musik-Award und damit die Aufmerksamkeit der Plattenlabel. Zunächst veröffentlichten sie bei Motor Music das Debütalbum «Polakreis 18», im vergangenen Oktober erschien «The Colour of Snow» bei Universal. Auftritte im Dresdner Schauspielhaus mit dem Babelsberger Filmorchester wurden hochgelobt. «Allein Allein» wurde zum Filmtitel von «Krabat».

Räuber singt auf Deutsch, Englisch und in Sprachen, die kein Mensch versteht. Die Texte sind selten nachvollziehbar und stehen meist im Hintergrund. «Wir denken nicht in Notenschlüsseln», erläutert Räuber, der sich als Sprecher der Band versteht. Jedes Lied stehe für ein emotionales Bild. «Am Ende soll unsere Musik wie ein Film wirken.» Live-Auftritte und Videos sind absichtlich von Pathos und Theatralik gekennzeichnet.

Die Inszenierung von Polarkreis 18 ist so perfekt, dass das Management keine Fotosessions mit der Band erlaubt. Nichts soll das makellose Konzept gefährden. Die weiße Kleidung der Musiker bei jedem Konzert soll den klaren, reinen Musikcharakter unterstreichen, die Namen der Band und der Alben die künstliche Erscheinung abrunden.

Polarkreis 18 erlebt derzeit einen Aufstieg, der an die immer begrenzte Strahlkraft britischer Boygroups erinnert. Doch die Gefahr, als One-Hit-Wonder in kürzester Zeit wieder in der Versenkung zu verschwinden, sieht Räuber nicht. Wenn der Hype in einer Woche vorbei sei, könnten alle damit leben, versichert er. «Wir haben lange genug zusammengearbeitet und würden das durchstehen.»

Die Musikindustrie wittert den Erfolg und fördert den sächsischen Pop-Nachwuchs. International erfolgreiche deutsche Bands wie Tokio Hotel gelten schließlich noch immer als Ausnahmen. So wird Polarkreis 18 von der Initiative Musik bei der anstehenden Europa-Tournee finanziell unterstützt. Die Fördereinrichtung der deutschen Musikwirtschaft will deutsche Pop-Musik im Ausland etablieren.

Am nächsten Dienstag (25. November) startet die Europa-Tour der Dresdner Musiker in Potsdam und führt über fünf weitere deutsche Städte nach England, Österreich, Dänemark und in die Niederlande. 2009 soll das aktuelle Album in Australien und Russland erscheinen.