Ein Kämpfer geht in den Ruhestand Pfarrer Lothar König wird in Jena verabschiedet

Jena - Ruhestand ist etwas, das zu vielen nicht passt. Zu dem Energiebündel Lothar König erst recht nicht. Aber er ist 65 geworden in diesem Jahr, am Sonntag um 14 Uhr wird der streitbare Jugendpfarrer in der Stadtkirche St. Michael von Jena verabschiedet. „Wir gehen davon aus, das er danach nicht ruhiger wird“, lassen seine Schützlinge von der Jungen Gemeinde Jena ahnungsvoll wissen.
König ist ein erstaunlicher Mann, der schon immer das Unkonventionelle, auch das Gefährliche tat, wenn er nur von dessen Richtigkeit und der Verträglichkeit mit seinem festen Glauben überzeugt war.
So hat er, mit einer Kerze in der Hand, in Merseburg im 1989er Herbst Hunderte Menschen aus der Kirche zur Demonstration auf die Straße geführt - trotz warnender Stimmen aus seiner Kirche selbst.
Lothar König - geschätzt und bescheiden
Damals war Lothar König viel mutiger als manch andere, die sich später ihrer Heldentaten gebrüstet haben. Heute dagegen wird einer wie König von vielen als aus der Zeit gefallen bestaunt.
Wenn der kräftige Mann raumgreifend durch Jena eilt, wird er allerdings auf Schritt und Tritt gegrüßt. Viele erkennen - und mögen ihn. Manche sprechen ihn auch direkt an. Wie ein etwas korpulenter Jesus in vorgerückten Jahren sieht er aus, mit dem langem Bart und den Riemensandalen, die er sommers wie winters unvermeidlich an den bloßen Füßen trägt.
Lothar König hat nach der großen Zeit der Runden Tische keine politische Karriere angepeilt. Das Postenstreben unter den neuen Eliten setzte früh ein und stieß ihn ab, hat er einmal erzählt. So kam er als Mittdreißiger von Merseburg nach Jena und übernahm dort die Junge Gemeinde.
Klares Bekenntnis gegen Neonazis und Neue Rechte
Deren Arbeit, die sich ganz im frühen Sinne seiner christlichen Kirche - also ausdrücklich auch als Dienst für die Schwachen, Bedrückten und Gestrauchelten versteht, ist ebenso geliebt wie umstritten. Ein Schuss fröhlicher Anarchie und ein klares Bekenntnis gegen Neonazis und Neue Rechte kommen hinzu.
Diese Haltung hat Lothar König eine große Narbe im Gesicht eingetragen. Und die Verfolgung durch die Dresdner Justiz, die ihn nur zu gern wegen „schweren aufwieglerischen Landfriedensbruchs“ eingelocht gesehen hätte.
Nach jahrelangen Gerichtsterminen ist am Ende aber nichts daraus geworden, der Fall hat König dafür bundesweit bekannt gemacht. Gegen Nazis, wie seinerzeit in Dresden, wird König weiter sein. Und die Liebe seines Herrn Jesus im kämpferischen Herzen tragen. (mz)