Niederlande Niederlande: Rembrandts Bilder im Rijksmuseum geben Rätsel auf

Amsterdam/dpa. - Schulter an Schulter drängeln sich die Besucheraus allen Kontinenten durch den engen Raum im Rijksmuseum vonAmsterdam, schauen, staunen und zweifeln. «Wirklich Rembrandt?» fragtdie ungewöhnliche Bilderschau in einem der berühmtesten Kunstmuseender Welt. Selbstkritisch gehen in der bis 24. Mai geöffnetenPräsentation, origineller Beitrag zum 400. Geburtsjahr des Malergenies, die Amsterdamer Kunstexperten mit ihrer eigenen Zunftins Gericht. Die 13 Porträts, Stillleben und mythologischen Szenen,gleich in Nachbarschaft der stets von Besuchern umlagerten«Nachtwache» Rembrandts ausgestellt, sind echte Zweifelsfälle derWeltkunst.
Ursprünglich als wirkliche «Rembrandts» erworben, haben jüngstenaturwissenschaftliche und stilkritische Untersuchungen berechtigtenZweifel geweckt, ob die Malereien tatsächlich von der Hand des 1669gestorbenen Künstlers stammen. Statt die Stücke diskret im Depotverschwinden zu lassen, laden die Museumsleute nun zum öffentlichenRätselraten ein: Ehrfurcht heischendes Original oder frecheFälschung, Schülerarbeit aus des Meister Werkstatt oder gelungenehistorische Kopie?
Ein wahres Puzzle ist das auf etwa 1630 datierte, großformatige«Vanitas-Stillleben» mit zerlesenen Büchern, Laute und Karaffe, das1963 als Rembrandt angekauft worden ist, da die Pinselführung doch sotypisch für den großen Niederländer sei. Röntgenstrahlen brachtenjedoch an den Tag, dass das Stillleben von Rembrandt-Mitarbeiter JanLievens stammte, darunter ein älteres Frauenporträt verborgen ist undKaraffe wie Glas von anderer Hand später hinzugemalt wurden.
Rätselhaft bleibt der Ursprung eines Mannes in orientalischemKostüm, der beim Museums-Ankauf 1877 voreilig als Rabbi zu den damalsbesonders begehrten «jüdischen» Motiven Rembrandts gerechnet wordenist. Schon der Laienblick zeigt eine zu viel zu feine Malweise fürden Bärtigen, der - nach der Entdeckung eines Zwillingsbildes - 1987dem Leidener Maler Ary de Vos zugeschrieben wurde. Doch das benutzte«Preußisch Blau» kam in der niederländischen Malerei erst 40 Jahrenach dem Tod dieses Künstlers in Gebrauch.
Bis heute für Gelehrtenstreit sorgt die unklare Vergangenheit derElisabeth Bas, die - in Öl auf Leinwand - seit etwa 1630 mit derWeisheit des Alters den Betrachter anschaut. Als DamenporträtRembrandts kam es 1880 ins Rijksmuseum, wurde aber bald nach heftigemDisput auf Grund von Stilkriterien seinem Schüler Ferdinand Bolzugeschrieben. In den 70er Jahren kam ein Bol-Experte zu eineranderen Meinung: Er schrieb das noble Frauenbild niemand anderem alswiederum Rembrandt zu.
«Samson und Delilah», 1626 gemalt und 1963 gekauft und vielschlechter als ein ähnliches Gemälde des Niederländers in denStaatlichen Museen Berlins, sind mittlerweile mangels Qualitätaussortiert und werden nur noch von denen für «echt Rembrandt»gehalten, die auch dem großen Genie ein paar schwache Stundenzugestehen. Ein 1958 vom Rijksmuseum als Selbstporträt erworbener«Lachender junger Mann» (um 1629) ist zwar auf genau dem Eichenholzgemalt, das identisch auch für ein wunderbares Rembrandt-Selbstbildnis im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg genutzt ist,doch lässt die Meisterschaft deutlich zu wünschen übrig: Hier hatsich wohl ein ehrgeiziger Schüler am Holz des großen Meistersbedient.