Nibelungen-Festspiele Nibelungen-Festspiele: Ironie und Komik inmitten der Katastrophe

Worms/dpa. - Und wo könnte eine Aufführung besser zur Geltung kommen als an historischer Stätte in Worms?
Film- und Theaterregisseur Dieter Wedel inszeniert dort schon zum siebten Mal die Nibelungengeschichte, auch wenn er in diesem Jahr mit gleich zwei Stücken im täglichen Wechsel eine kleine Premiere wagt. Der Versuch ist gelungen: Sowohl «Siegfrieds Frauen» am Freitag als auch «Die letzten Tage vonBurgund» am Samstag boten packendes Theater gepaart mit großemschauspielerischen Können. Das Publikum zeigte sich begeistert.
Besonders Uwe Bohm in der Rolle des Bösewichts Hagen begeisterte die Zuschauer an beiden Tagen. Mit viel Applaus bedacht für ihr schauspielerisches Können wurden auch Meret Becker als Brünhild und Annett Renneberg in der Rolle der Kriemhild. In ihrem Sog bot dasgesamte Ensemble eine sehr überzeugende Darstellung.
Die beiden Aufführungen erzählen die gesamte Nibelungengeschichte.Dazu hat Wedel die Fassung nach dem Text von Moritz Rinke noch einmalneu bearbeitet. In «Siegfrieds Frauen» ist die Liebe das zentraleMotiv. Wedel betont vor allem die unerfüllte Liebe von Hagen zuKriemhild und von Brünhild zu Siegfried (Robert Dölle), was diespätere Katastrophe einleitet. Im rasant inszenierten zweiten Teil«Die letzten Tage von Burgund» geht die Burgunder-Sippe dannzugrunde. Aus Liebe wird Hass. Am Ende nimmt Kriemhild doch Rache fürdie Ermordung ihres Mannes Siegfried, auch wenn sie in WedelsInszenierung den Burgundern einige Auswege offen hält und von ihren Rachegedanken zwischenzeitlich abgerückt ist.
Beide Stücke, vor allem der zweite Teil, sind aber nicht nur eindüsteres Untergangsspektakel. An vielen Stellen blitzt Ironie und Komik auf, etwa durch den tollpatschig und überfordert dargestelltenKönig Gunther (Roland Renner). Das könnte ein Vorgeschmack auf daskommende Jahr sein, in dem Wedel in Worms nicht mehr dieNibelungengeschichte nach eher klassischem Vorbild zeigen will,sondern eine Komödie über Siegfrieds Leben angedacht hat.
Die Nibelungen-Festspiele leben auch von den prominentenDarsteller-Namen. Es ist Teil des Konzeptes von Intendant DieterWedel, immer wieder bekannte Fernsehgesichter auf die Wormser Bühnezu holen. So spielen etwa Ilja Richter und Anouscka Renzi mit. Neudabei ist in diesem Jahr Walter Plathe («Der Landarzt») als SängerVolker von Alzey.
Diese Erzählerfigur ist eines der neuen Elemente, mit denen Wedeldie Rinke-Fassung umgearbeitet hat. Außerdem sind an einigen StellenTexte von Friedrich Hebbel eingebaut, am Bühnenrand spielen Musikerlive und sorgen so für eine zusätzliche Untermalung dramatischerSzenen. Wedel, ganz Fernsehregisseur, setzt auch Videotechnik ein.Mit Hilfe eines großen Bildschirms, der auf die Bühne gerollt wird,werden die Theaterbesucher zeitweise zu Fernsehzuschauern, was dieInszenierung auflockern soll.
Einen grandiosen Hintergrund für das Schauspiel bietet der WormserDom, der zum Teil in blutrotes Licht getaucht ist. Auf seinerNordseite wird das riesige Gotteshaus mit seinem dortigen Portal Teilder Theaterkulisse und vermittelt so ein Stück echtes Nibelungen-Flair. Die Festspiele gehen noch bis zum 17. August.