«Nabucco» an der Oper Leipzig «Nabucco» an der Oper Leipzig: Vorhang auf, der König kommt
leipzig/MZ. - Der Intendant und als Generalmusikdirektor ziemlich rare Ulf Schirmer hat seinen Stellvertreter Anthony Bramall ins Rennen geschickt. Und der macht seine Nabucco-Sache mit dem hörbar lustvoll mitziehenden Gewandhausorchester ziemlich gut. Da sitzen die Einsätze, das ist pointiert, die Sänger müssen nicht mit dem Orchester kämpfen, sondern werden von ihm getragen, da wo es gefühlvoll werden darf, lässt Bramall es zu, da wo es dramatisch wird, ist er sogar überzeugender als die Szene.
Bei den Sängern macht der in Uruguay geborene Gaston Rivero aus der kleinen Rolle des von zwei Frauen begehrten Ismaele ein Tenorereignis von Rang. Markus Marquardt liefert einen wuchtigen Nabucco, der sowohl den dunkeln Triumph des brutalen Eroberers als auch die Gebrochenheit des im Wahnsinn befangenen Königs überzeugend beglaubigt. Bei den Damen ist Amarilli Nizza eine eigenwillig nach Dramatik trachtende Abigaille, während Jean Broekhuizen als Fenea mit Eloquenz überzeugt. Auch sonst keine Schwachstellen.
Auch der Regisseur Dietrich Hilsdorf, Dieter Richter (Bühne) und Renate Schmitzer (Kostüme) wurden in dem augenscheinlich endlich mal ausverkauften Haus in diesen Jubel eingeschlossen. Wobei das nun nicht so ohne weiteres nachvollziehbar ist. Denn verglichen mit seiner genial historisierenden "Entführung aus dem Serail" und der atemberaubend realistischen "Jenufa", ist seine neue Inszenierung schwach.
Hilsdorf blendet die Geschichte der bedrängten und beinahe vernichteten Juden so ungefähr in die Entstehungszeit der Oper um 1842, als es in Italien um den Freiheitskampf ging, der den Gefangenenchor in die Seele der Italiener einschrieb. Er kombiniert das aber mit einer Theater auf dem Theater-Situation, bei der ein Bühnenportal Assoziationsräume eröffnen soll und ein transparenter Gazevorhang einen opulenten Theatersaal aus jener Zeit über die Geschichte projiziert. Das erlaubt zwar Auftritte der Akteure auf der Bühne und erinnert damit an die Mechanismen der Politik. Aber klarer werden die Konstellationen zwischen den Parteien dadurch auch nicht.
Zudem: Die großen Effekte, etwa beim Eintreffen der babylonischen Eroberer, dem plötzlichen Wahnsinn des Königs und vor allem des Gefangenenchores, letztlich vor allem in den Graben zu delegieren, verschenkt das Theaterpotenzial dieser ja doch hochpolitischen Oper. Da steigen unweigerlich Erinnerungen an Peter Konwitschnys Dresdner Deutung oder die Verlegung in die Gegenwart, mit der Vera Nemirova in Magdeburg einer ihrer besten Inszenierungen gelungen war, auf.
Nächste Aufführung: Freitag, 11. Januar, 19.30 Uhr