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Musik Musik: Tomte singt Lieder aus dem Hinterzimmer

Von Nadine Emmerich 06.10.2008, 11:39
Der Musiker Thees Ullmann, Sänger der Band Tomte, aufgenommen in seiner Berliner Wohnung. (Foto: ddp)
Der Musiker Thees Ullmann, Sänger der Band Tomte, aufgenommen in seiner Berliner Wohnung. (Foto: ddp) ddp

Berlin/ddp. - Schon der Titel der am Freitag (10. Oktober) in den Handelkommenden Platte, «Heureka», verrät Tomte als Autor: Es ist wohl diepassende Wortwahl des Sängers, um nach dem schwierigen Feilen amneuen Werk seine Freude über dessen Fertigstellung kund zu tun.

Mehr als zweieinhalb Jahre sind vergangen, seitdem Tomte ihrviertes Album «Buchstaben über der Stadt» veröffentlichten, das aufPlatz vier der Charts einstieg. Für Thees ist dies immer noch«Rekordzeit». «Es ist einfach so, dass zwischen Tomte-Platten etwaspassieren muss», sagt er am Montag im ddp-Interview. «Da beiTomte-Songs das Leben oder mein Leben der Narrator ist, muss da ebenauch Leben passieren.» Nichts Großartiges, aber in Uhlmanns Worten«etwas, das einem das Herz schwingen lässt».

Jetzt tritt die fünfköpfige Band mit neuer Besetzung an: Nach demAusstieg von Drummer Timo Bodenstein Anfang des Jahres wechselte derbisherige Keyboarder Max Schröder ans Schlagzeug. Als neuerKeyboarder kam Simon Frontzek in die Band. Bassist Olli Koch wurdejüngst durch Nikolai Potthoff ersetzt. Mit den Neuzugängen ist Theeshochzufrieden. Frontzek zum Beispiel passe «extrem gut» zu Tomte: «Erhat keinen Respekt, aber eine bedingungslose Liebe für die Sache, diewir machen. Ihm ist langweilig, wenn er abends kein Konzert spielt,und er kann fließend Polnisch.»

Die Songs auf «Heureka» haben Titel wie «Du bringst die Stories(ich bring den Wein)» oder «Nicht ist so schön auf der Welt, wiebetrunken traurige Musik zu hören». Der 34-jährige Frontmann fülltdiese wieder mit Versen, die plötzlich und unvermittelt daherkommenund den Hörer stutzen lassen, aber in ihrem Anti-Kontext und der Art,wie Thees sie vorträgt, oft fast hypnotisch sind.

So singt er etwa «Du bist zu ernst für Dein Alter, aber es istgut, dass Du hier wohnst» oder «Das ist die Zeit, das Leben istschön, die Leute sagen 'our feet are the same'» oder «Wie sieht's ausin Hamburg, sind die Bars noch laut wie Kriege?» Wer so was dichtet,muss vermutlich damit leben, dass für viele Hörer die Tomte-Lyricsimmer einen Gänsefuß vor der Tomte-Musik stehen. «Man kann nurhoffen, dass sich keiner für die Lyrik interessieren würde, wenn dieMusik nicht gut wäre», tröstet sich Thees.

Insgesamt klingt «Heureka» melancholischer als «Buchstaben überder Stadt» - auch wenn Thees den Begriff Melancholie überhaupt nichtmag. Mit «Caspar-David-Friedrich-Punk» hat er nichts am Hut, die inTomte-Songs ausgedrückten Gefühle seien viel realer, sagt er: «EchteFurcht, echtes Glück, echte Trauer.» Der Sänger räumt aber ein, «dassdas Pendel der Lyrik wieder in die andere Seite ausgeschlagen ist».Nach der von Glück durchtränkten Vorgänger-Platte habe er die Welt umsich herum etwas dunkler gesehen. Außerdem seien die Lieder imHinterzimmer eines Ladenbüros im Erdgeschoss eines vermeintlichenBerliner Problembezirks entstanden. «Deswegen klingt die Platte auchso nach Nick Cave.»

Dabei läuft es für Thees selbst eigentlich glänzend: In Hamburghat er bereits 2002 zusammen mit Marcus Wiebusch und Reimer Bustorffvon der Band Kettcar das erfolgreiche Label Grand Hotel Van Cleef(GHvC) gegründet, das inzwischen als eine Art Trendmacher gilt.

Zwar hatten die GHvC-Macher mit der Veröffentlichung einesKettcar-Albums im April und jetzt dem neuen Tomte-Werk in denvergangenen Monaten keine Langeweile - was in Thees' Worten «We arewalking on Zahnfleisch!» heißt - , trotzdem gibt es bereits neuePläne. Oder besser gesagt, die alten Pläne sollen endlich in die Tatumgesetzt werden. Schon seit langem wollen Tomte ein Album aufEnglisch aufnehmen. In diesen Tagen werde mit den Übersetzungenangefangen, sagt Thees - und verspricht: "Wenn bis Ende des Jahresnichts aufgenommen ist, spende ich 1000 Euro an eine Institution, diesich um die Verbreitung von Fremdsprachen bei unterpriviligiertenJugendlichen kümmert!»

Am 10. Oktober veröffentlichen Tomte ihr neues Album «Heureka». (Foto: ddp)
Am 10. Oktober veröffentlichen Tomte ihr neues Album «Heureka». (Foto: ddp)
ddp