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Museum Museum: Bern macht Wellen für Klee

Von ANDREAS MONTAG 07.07.2011, 21:47

BERN/MZ. - Alles ist vorzüglich hier, auf einem grünen Hügel am östlichen Stadtrand von Bern: Der Service für die Besucher, die Sonderausstellung "Klee und Cobra - ein Kinderspiel" - und die Kunsthalle auch, die nicht nur den würdigen Rahmen für Paul Klees Kunst hergibt, sondern selber ein Kunstwerk ist. Entworfen von dem italienischen Starachitekten Renzo Piano, der unter anderem maßgeblich an der Bebauung des Potsdamer Platzes in Berlin mitgewirkt hat, ist das Zentrum Paul Klee im Jahr 2005 eröffnet worden.

Wellenartig schmiegt sich die Konstruktion aus Metall und Glas in üppiges Grün, Natur und Moderne finden spannungsvoll und dabei selbstverständlich zueinander. So könnte es dem Bauhäusler Klee gefallen haben, der als Maler ein Faible für Märchenhaftes und Fantasievolles hatte und in seinen Dessauer Jahren eines der von Walter Gropius erbauten Doppelhäuser mit seinem Kollegen und Freund Wassily Kandinsky teilte.

Geboren 1879 in Münchenbuchsee wuchs Paul Klee ab 1880 in Bern auf. Gestorben ist er 1940 in Muralto, in seiner Schweizer Heimat also, die ihm zum Schutzraum vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten wurde. Die hatten Klee als "entarteten" Künstler eingestuft und für unzuverlässig erklärt. Ein Urteil, das seinerzeit vielen bedeutenden Malern, Komponisten und Autoren zuteil wurde und schon damals auch als Auszeichnung verstanden werden konnte. So forderte der deutsche Dichter Oskar Maria Graf am 12. Mai 1933 die Nazis auf: "Verbrennt mich", weil er zunächst nicht auf der Liste der unerwünschten Autoren gestanden hatte.

Dass man Klee in Bern einen solchen Palast zum alltäglichen Gebrauch für jedermann gestiftet hat, spricht für den Respekt wie den Kunstverstand der Stadt, des Kantons und der Bürger. Großzügige Sponsorenhilfe kam dazu - und natürlich die Bereitschaft der Klee-Erben, Werke aus ihrem Besitz auf Dauer für das Kunstzentrum herzugeben. Von Paul Klees fast 10 000 Stücke umfassendem Gesamtwerk konnte so knapp die Hälfte, rund 4 000 Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen sowie Archivalien und biografische Materialien, zusammengeführt werden. Die Bestände gelten nach Angaben des Paul Klee Zentrums als die größte Sammlung eines einzigen Künstlers von Weltformat.

Derzeit, noch bis zum 4. September, ist in dem Haus nun die Schau "Klee und Cobra - ein Kinderspiel" zu sehen, die Werke von Klee mit Positionen der 1948 in Paris gegründeten, internationalen Künstlergruppe Cobra konfrontiert. Die Verbindung liegt nicht eben auf der Hand, war doch Klee, von dessen Werk Mitglieder Gruppe ersichtlich inspiriert worden waren, zum Zeitpunkt der Cobra-Gründung bereits acht Jahre tot.

Gleichwohl sind die Bezüge doch beeindruckend. Sie stellen sich im Übrigen sowohl in politischer als auch ästhetischer Hinsicht her. Klee, der das Bauhaus nach inhaltlichen Querelen 1931 verlassen hatte und eine Professur an die Kunstakademie Düsseldorf antrat, wurde 1933, als die Nazis die Regierung in Deutschland übernommen hatten, zum Verfemten. Die Cobra-Künstler, darunter der Däne Asger Jorn, waren sich unter dem Eindruck der Nazigräuel und des Krieges einig in ihrer Auflehnung gegen die bestehenden Macht- und Gesellschaftsverhältnisse.

Den ästhetischen Anknüpfungspunkt liefert aber Klees Faszination von den kindlichen Bildwelten, denen er sich im Zusammenhang mit seinen eigenen, 1902 von ihm wiederentdeckten Kinderzeichnungen zuwandte. Den Cobra-Künstlern hingegen stand die Unmittelbarkeit von Kinderbildern als fantastische Alternative zu den überkommenen politischen Strukturen vor Augen.

So präsentiert die Ausstellung denn Klee-Bilder und Cobra-Werke in einem quasi direkten, aber niemals behaupteten Zwiegespräch. Flankiert wird die großzügige Schau von Bildern und Dokumenten zu Leben und Werk Paul Klees. Und im Untergschoss können indessen die Jüngsten unter fachlicher Begleitung Klee-Werke nicht nur nachvollziehen, sondern auch "nachbauen" auf ihre kindliche Art. Wer nach Bern kommt, sollte sich Zeit nehmen für diesen Ort.

Zentrum Paul Klee, Monument im Fruchtland 3, Bern, Di-So 10-17 Uhr, Eintritt: 18 Schweizer Franken (Erwachsene)