Maurice Béjart Maurice Béjart: Ein glamouröser Tanz in den Tod

Berlin/MZ. - Das Wort der Stunde lautet "Oh yes!". Immer wieder führen die Tänzer die euphorische Formel im Munde, immer wieder wartet man auf die bekannte ironische Wendung - und immer wieder wird man enttäuscht. Denn die Selbstbezichtigung "I'm the great pretender", mit der Freddie Mercury diesen Song einst fortsetzte, soll sich nicht in dieses Pop-Requiem fügen - obwohl das "Ballet for Life" selbst von Angeber-Posen strotzt.
Maurice Béjarts Choreografie, die am Donnerstag im Berliner Theater des Westens ihre Deutschland-Premiere feierte, will als Hommage an zwei Männer verstanden werden: Einerseits der Queen-Sänger Mercury, dessen bombastische Rock-Songs die Basis für das Geschehen bilden, andererseits der Tänzer Jorge Donn, der zu "I want to break free" noch einmal als Filmfigur auftritt. Beiden Ausnahme-Künstlern war ihr charismatisches Auftreten gemeinsam - und ihr Aids-Tod, der ihre Karrieren Anfang der 90er Jahre viel zu früh beendete. Diese Fixpunkte reichert der Choreograf mit Musik von Wolfgang Amadeus Mozart und mit Kostümen von Gianni Versace an - womit die toten Exzentriker unter sich wären, wenn das Béjart Ballet Lausanne nicht für die virtuose und vitale Umsetzung dieses Reigens verantwortlich wäre.
Sie erwachen unter weißen Laken - die trotz der eindeutig euphorischen Aussage "It's a beautiful day" zumindest den Doppelsinn von Aufstehen und Auferstehen gestatten - um Songs wie "Let me live" oder "Heaven for every one", "I was born to love you" oder "You take my breath away" fortan mit mehr oder minder leichtsinnigen Skizzen zu füllen. Dass Krankheit und Tod dabei stets als stumme Gäste präsent sind und gelegentlich gar tragende Rollen spielen, lässt sich nicht allein an Krankenbahren und überdimensionierten Röntgenbildern ablesen. Subtiler, aber eindringlicher sind jene Momente, in denen sich Lachen in Schüttelfrost verwandelt oder ein apathischer Jüngling beim "Sea Side Rendez-vous" vergeblich Schutz gegen die gleißende Sonne sucht.
Diese Augenblicke muss man auch darum genießen, weil sie im glamourösen Defilee der Versace-Kostüme und im Panorama der Posen viel zu selten sind - und weil Mercury im direkten Vergleich mit Mozart dann doch den Kürzeren zieht und als ein "Great Pretender" erscheint. O yes - leider!