Marokko Marokko: Schriftsteller Choukri ist gestorben
Rabat/dpa. - Mit dem Tod des marokkanischen Schriftstellers Mohammed Choukri hat die arabische Welt einen ihrer bedeutendsten Literaten der Gegenwart verloren. Der Autor des Welterfolgs «Das nackte Brot» erlag am Samstag im Alter von 68 Jahren in Rabat einem Krebsleiden. «Sein Tod bedeutet einen enormen Verlust für die marokkanische Literatur», erklärte König Mohammed VI. in einem Beileidsschreiben.
Der Monarch war selbst für die Behandlungskosten des Literaten im Militärhospital in der Hauptstadt aufgekommen. Dabei war Choukris Hauptwerk fast 20 Jahre lang in Marokko verboten gewesen und der Autor erst vor wenigen Jahren rehabilitiert worden.
«Das nackte Brot» beschreibt die Welt der Gewalt und des Elends, die der aus dem Rif-Gebirge stammende Schriftsteller in seiner Kindheit erlebte. Das Werk ist der erste Teil einer autobiografischen Trilogie und wurde in fast 40 Sprachen übersetzt, auch ins Deutsche.
Choukri war bis zum Alter von 21 Jahren Analphabet. Seinen Vater, einen aus der spanischen Kolonialarmee desertierten Soldaten, erlebte er als einen brutalen Tyrannen. In Wutanfällen hatte der Vater Mohammed ausgepeitscht und einen Bruder sogar erwürgt. «Ich wollte nie Kinder haben, weil ich Angst hatte, so zu werden wie mein Vater», sagte Choukri einmal.
In seiner Jugend schlug er sich in der Hafenstadt Tanger als Stadtstreicher, Dieb und Schuhputzer durch. Im Gefängnis brachte ihm ein Mitgefangener die ersten arabischen Buchstaben bei. Seither ließ die neue Welt der Schrift den jungen Mann nicht mehr los. Der Autodidakt Choukri lernte berühmte Literaten wie Jean Genet, Tennessee Williams oder Paul Bowles kennen. Sie bestärkten ihn in seinem Beschluss, Schriftsteller zu werden.
Der Amerikaner Bowles, der einen großen Teil seines Lebens ebenfalls in Tanger verbrachte und dort vor vier Jahren starb, übersetzte Choukris Hauptwerk ins Englische. Choukri beschuldigte ihn später, ihm die Autorenrechte «gestohlen» zu haben. Das Werk des Marokkaners zeichnet sich durch eine schonungslose Härte aus, mit der er die soziale Realität seiner Heimat beschreibt. Islamische Fundamentalisten setzten ihn auf eine schwarze Liste, weil er religiöse Dogmen wie die Unantastbarkeit des Vaters verletzt haben soll.
Choukri sah sich selbst als einen Autor der Armen. «Ich möchte die Ausgeschlossenen, die Vergessenen und die Unterdrückten verteidigen», sagte er der spanischen Zeitung «El País». «Ich bin kein (Sklavenführer) Spartakus, aber ich meine, dass alle Menschen eine Würde haben, die es zu respektieren gilt.»
Das Schreiben brachte Choukri von der schiefen Bahn ab. Aber der Autor blieb innerlich zerrissen - zwischen der Literatur auf der einen und der Welt der Genüsse, des Alkohols und der Prostituierten auf der anderen Seite.