Literatur Literatur: PEN-Präsident Johano Strasser wird 65 Jahre alt

München/dpa. - Mit Afro-Look und Lederjacke hat der einstige «Chefideologe» der Jusos in den 70er Jahren noch für viele den Bürgerschreck abgegeben. Mittlerweile hat Johano Strasser, der am Samstag (1. Mai) seinen 65. Geburtstag feiert, das Zimmer in der Berliner Wohngemeinschaft gegen ein schmuckes Heim am Starnberger See getauscht - und die Dozentur für Politikwissenschaft gegen ein Leben als freier Schriftsteller. Auch wenn der Lockenkopf des 1,90 Meter großen Mannes inzwischen ergraut ist: Sein Engagement für eine bessere Welt ist ungebrochen.
«Die Hoffnung, die wir gehabt gehabt haben, dass 1989 mit dem Zusammenbruch des Kommunismus weniger Schriftsteller verfolgt werden, hat sich leider nicht erfüllt», sagt Strasser, seit 2002 Präsident des deutschen PEN-Zentrums. «Im Gegenteil, die Fälle nehmen immer mehr zu.» Im Zuge des Kampfes gegen den Terrorismus verschärfe sich seit dem 11. September zudem auch in westlichen Ländern der Druck auf die Meinungsfreiheit. Seit mehr als acht Jahrzehnten setzt sich die Schriftsteller-Vereinigung für inhaftierte und bedrohte Autoren ein. «Mit unserem Exil-Programm für verfolgte Autoren sind wir für viele PEN-Zentren Beispiel gebend», sagt Strasser.
Auf dem PEN-Kongress Mitte Mai in Potsdam wird Strasser erneut für zwei Jahre kandidieren. «Danach wird man weitersehen.» Dass dabei seine eigene schriftstellerische Arbeit nicht zu kurz kommt, sei nicht immer ganz einfach zu organisieren. «Da muss man schon sehr diszipliniert sein. Und als mein eigener Arbeitgeber kann ich schon sehr tyrannisch sein.» Doch für ihn bestehe der Mensch nicht nur aus dem Kopf, «sondern auch aus einem Körper mit allen seinen möglichen Bedürfnissen», sagt Strasser, der mit seiner zweiten Frau, der Schriftstellerin Franziska Sperr, zwei Kinder hat.
Der im holländischen Leeuwarden geborene Sohn eines Auslandskorrespondenten teilt seine Zeit zwischen dem PEN, der Familie und dem großen Freundeskreis auf. «Vormittags bin ich Schriftsteller, der Nachmittag ist frei für alles andere.» So habe er gerade zwei Projekte - einen Roman und ein Sachbuch - abgeschlossen.
Politisch bekannt wurde der habilitierte Doktor der Philosophie als stellvertretender Juso-Bundesvorsitzender (1971-1975). Er arbeitete an Parteiprogrammen mit und wurde in die SPD-Grundwerte- Kommission gewählt. Mit seinem Buch «Die Grenzen des Fortschritts» versuchte er schon 1979, die Sozialdemokraten für ökologische Fragen zu interessieren. Der «knallharte Revolutionärstyp», wie ihn das CSU-Organ «Bayernkurier» einst bezeichnete, war Strasser nie. Er setzte seit jeher auf Reformen und Menschenrechte, die er auch von der damaligen DDR einforderte.
Als «kühler Kopf» bewährte sich der damalige PEN-Generalsekretär bei den heftigen Fehden im Vorfeld des Zusammenschlusses beider PEN- Zentren in Ost- und Westdeutschland. Seine Mitstreiter in der Vereinigungskommission wie der frühere Generalsekretär des Ost-PEN, Joochen Laabs, lobten seine analytische und sachliche Art: «Er hat sich immer für die gegenseitige Achtung und gegen Pauschalverurteilungen eingesetzt und damit den Weg zur Vereinigung geebnet.» Nach Ansicht des früheren PEN-Präsidenten Gert Heidenreich gehört Strasser zu den wenigen Autoren, die unter den Kollegen in Ost und West gleichermaßen geschätzt werden.
Der 65. Geburtstag sei für ihn alles andere als ein Schreckensdatum, sagt Strasser. «Ich möchte noch lange über dieses Datum hinaus alle möglichen Felder bearbeiten.» Den Tag selbst will er mit Dichterfreunden und politischen Weggefährten feiern. «Wo, wird nicht verraten, sonst reicht das Buffet nicht.»