Literatur Literatur: Die Lyrikerin Eva Strittmatter wird 75 Jahre alt
Berlin/dpa. - IhreFangemeinde lebt dort, wo auch Strittmatters Lebensmittelpunkt liegt:im Osten. Der Schulzenhof in Dollgow im Brandenburgischen, wohin sieals junge Frau kam, ist nach dem Tod ihres Mannes Erwin Strittmatter(«Der Laden») ihr Zuhause geblieben.
Erzählt wird, dass der Schriftsteller, schon auf bestem Weg zurBerühmtheit, eigentlich eine Hausfrau für sein bäuerliches Anwesensuchte. Bekommen hat er eine Dichterin. Um aus dem Schatten ihresMannes herauszutreten, bedurfte es aber einiger Zeit. Ihren auf einrundes Dutzend angewachsenen Buchveröffentlichungen, darunter auchKindergeschichten, fügte sie gerade den Gedichtband «Der Winter nachder schlimmen Liebe» hinzu - neue Arbeiten über Tod und Vergehen,Krankheit und Depression, verletzten Stolz und heimliche Hoffnung.Unmissverständlich knüpfen die Verse an die offenherzigenLiebesbekundungen einer alternden Frau an einen jungen Mann in «DerSchöne (Obsession)» von 1997 an.
Ihre dichterischen Gefühlsbekenntnisse verführten zurIdentifikation, finden insbesondere Leserinnen. IhreNaturbetrachtungen ließen «Wind und Regen schmecken», lobtSchriftstellerfreund Hermann Kant. Die einfache, beinahe klassischeSprache der Verse klingt wie Musik, meinen andere Verehrer.Geschrieben hat Strittmatter anfangs heimlich. Sechs Jahre langwusste nicht einmal ihr Mann davon.
Dem späten Debüt mit «Ich mach ein Lied aus Stille» (1973) folgtenTitel wie «Mondschnee liegt auf den Wiesen» (1975) oder «Heliotrop»(1983). Zwischen Haushalt und vier Kindern, der Arbeit als Lektorinund für ihren Mann musste sich die studierte Germanistin eigeneFreiräume erkämpfen. Die Zeit für ihr eigenes Werk ist noch immerknapp. Nach dem Tod von Erwin Strittmatter 1994 übernahm sie, als diebeste Kennerin seines Werks, die Rolle der Sachverwalterin. AlsHerausgeberin des Nachlasses bekannte sie: Nie wäre es ihr zu«Lebzeiten eingefallen, an seine Schubladen zu gehen». Nun entdecktsie manches Kleinod.
Als erstes Resultat legte sie das teilweise alsTonbandaufzeichnung hinterlassene Manuskript ihres Mannes «Vor derVerwandlung» (1995) vor. Texte beider Strittmatters erstmals in einemgemeinsamen Buch finden sich in «Du liebes Grün» (2000). «Es war einzweites Leben, das wir hatten und eine zweite Liebe», erinnert siesich in ihrem Nachwort zu «Kalender ohne Anfang und Ende» (2003). Aufihre ganz persönliche Bilanz der «Höhen und Tiefen einerspannungsvollen Künstlerehe», so die Ankündigung des Berliner Aufbau-Verlags vor einigen Jahren, warteten die Leser bisher vergeblich.Einen Titel zumindest gibt es schon: «Im Garten der Amsel allein.»